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Hintergrund Hintergrund: Richtlinienkompetenz

11.10.2005, 13:07

Berlin/dpa. - Der erste Satz desArtikels 65 Grundgesetz, der die Verantwortungsverteilung in derRegierung regelt, lautet: «Der Bundeskanzler bestimmt die Richtliniender Politik und trägt dafür die Verantwortung.»

Dieses Kanzlerprinzip ist eine Konsequenz daraus, dass allein derBundeskanzler (und nicht etwa die Minister) vom Bundestag insRegierungsamt gewählt wird und auch nur er vom Parlament gestürztwerden kann.

Die Bundesminister sind in dieser Eigenschaft an die Richtliniendes Kanzlers oder der Kanzlerin gebunden (Kabinettsdisziplin). Sindsie zugleich auch Abgeordnete, wird ihnen in dieser Eigenschaft aucheine abweichende persönliche Meinung zugestanden. DieRichtlinienkompetenz bezieht sich laut Grundgesetz ausschließlich aufKabinettsmitglieder. Sie kommt etwa dann zum Tragen, wenn sich zweiMinister in einer Sachfrage streiten. Der Kanzler wird dann zumSchiedsrichter.

Eine exakte Definition der «Richtlinien der Politik» gibt esnicht. Wie weit die Kompetenz (= Zuständigkeit, Befugnis) desKanzlers reicht, ist rechtlich nicht eindeutig bestimmt und hängt inder realen Politik von verschiedenen Bedingungen ab. Dazu gehört dieLage in der Koalition ebenso wie das Verhältnis des Kanzlers zuKabinett, Fraktion, Partei und Öffentlichkeit.

Bei entsprechender persönlicher Autorität kann dieRichtlinienkompetenz über das Kabinett hinaus ausstrahlen. Derscheidende Regierungschef Gerhard Schröder (SPD) machte sich einenNamen als «Basta»-Kanzler, weil er mehrmals mit diesem Machtwort eineKontroverse zu beenden versuchte. «Wir werden das machen. Basta»,sagte Schröder etwa im Jahr 2000 in der Diskussion über dieRentenreform.

Im Grundlagenpapier von CDU/CSU und SPD für die kommendenKoalitionsverhandlungen fehlt der Begriff Richtlinienkompetenz. Unterder Überschrift «Zuschnitt des Kabinetts» heißt es dort lediglich:«Dem Bundeskanzler obliegt die Organisationsgewalt.»