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Heckenschützen Heckenschützen: «Juba» ist Alptraum der US-Soldaten im Irak

Von Tatjana Bojic 15.05.2006, 06:15

Stuttgart/dpa. - «Weil die Amerikaner die Heckenschützenfürchten und ihre wahren Namen nicht kennen, gaben sie ihnen denSammelnamen «Juba», sagt Internetspezialist Markus Kaiser vom baden-württembergischen Landesamt für Verfassungsschutz. Die gefilmtenErschießungsszenen aus Bagdad kann man relativ problemlos und in 1-A-Videoqualität über das Internet auch außerhalb Iraks erleben.

Beinahe täglich stoßen Kaiser und seine Kollegen auf solche«Sniper-Videos», wenn sie die Webseiten nach extremistischem Bild-Material durchforsten. «Die Heckenschützen-Bilder sind der Renner ineinschlägigen Kreisen.» Djihadisten und «Widerstandkämpfer» benutztenimmer häufiger und immer professioneller das Internet als Propaganda-Instrumentarium, sagt der Leiter der «Kompetenzgruppe Islamismus» inder Sicherheitsbehörde, Herbert L. Müller.

Die Fundstellen solcher «Sniper-Videos» sind meist Internet-Foren.Das Bildmaterial wird über kostenlose file-sharing-Angebote ins Netzgestellt. Sie sitzen in Japan, Rumänien, den USA und bisweilen auchin Deutschland. Bei ihnen kann man kostenlos Dateien uploaden: Danacherhält man einen Link zu seiner eigenen Datei, die dann an bestimmteAdressaten weitergeben werden kann. Eine Anmeldung ist nichterforderlich. Der Verbreitungsgrad sei «gigantisch», sagt Kaiser.

Die Filme sind redaktionell aufbereitet, haben einen Vorspann undUntertitel. Das technische Equipment zur Übermittlung dieser Szenenin die Welt ist auf höchstem Niveau: «Die Terroristen müssen überLaptops und Digitalkameras verfügen und scheinen über die aktuellstentechnischen Anforderungen im Bilde zu sein», sagt Müller. Die Szenengebe es inzwischen auch im Format zur Verbreitung durch Handys.

Die Attentäter haben ihren «Kriegsberichterstatter» dabei. Diesevisualisierte Berichterstattung über die Verluste auf den Seiten derKoalition sei Teil der Strategie und diene der Steigerung der Moralbei Sympathisanten und Anhängern. «Die Erschießungsszenen ausnächster Nähe aufgenommen - wären sie weiter weg, würden die Bilderwackeln - haben in den vergangenen Monaten "Abschlachtvideos" vomMarkt fast verdrängt. Es hat sich wohl die Erkenntnis durchgesetzt,dass sich Bilder mit abgetrennten Köpfen negativ auf die Wahrnehmungdes Islam auswirken, in dessen Namen die Mörder zu handeln vorgeben»,sagt Müller. Gefilmt werden auch Hinrichtungen von vermeintlichenKollaborateuren.

Zurzeit tauchten immer wieder Videos aus Wasiristan auf. «In derGrenzregion zwischen Pakistan und Afghanistan bereiten Kleingruppenihre Anschläge gegen die US-Soldaten vor», sagt Kaiser. Nach demMotto «Bilder sind die Botschaft» drehten die Widerstandskämpfer dortihre eigenen «Homevideos». Detailliert kann danach in Europa vomheimischen PC aus das Basteln der Sprengkörper beobachtet werden. Derunvermummte Attentäter kommt darin zu Wort. Untermalt ist dasBildmaterial von «frommen» Gesängen, die dem Märtyrer nach seinemAnschlag eine verheißungsvolle Zukunft im Paradies mit diversenJungfrauen in Aussicht stellen.

«Früher dachte man, dass die Attentäter unter Drogen stehen. Wirgehen davon aus, dass das nicht so ist. Sie wurden bestenfallspsychologisch bearbeitet», sagt Kaiser. Allein im Irak gebe es rund15 Gruppen, die Anschläge auf US-Soldaten filmen und aufbereiten.Jede verfügt über ein eigenes Logo. «Damit zeigen sie den anderen,dass sie einen eigenen Medientrupp mit Redaktionsteam haben», sagtKaiser. Groß im Geschäft mit dem Tod seien etwa «Labayk» oder «As-Sahab-Media», die Propagandafilmer des Führungskaders desTerrornetzwerks El Kaida.