Präsidentschaftswahl Harris hält Trump für Faschisten - Eskalation im Wahlkampf
In der Schlussphase des Präsidentschaftswahlkampfes in den USA legt Kamala Harris einen neuen Ton an den Tag. Trump hat dafür nur Spott übrig.
Washington/Aston - Knapp zwei Wochen vor der US-Präsidentschaftswahl verschärft Kamala Harris ihre verbalen Attacken auf Donald Trump und lässt keinen Zweifel daran, dass sie den Ex-Präsidenten für einen Faschisten hält. Bei einer CNN-Bürgerstunde im politisch besonders umkämpften Bundesstaat Pennsylvania bezeichnete die demokratische Präsidentschaftskandidatin ihren republikanischen Gegenkandidaten am Mittwochabend (Ortszeit) als eine Gefahr für das Land. Der reagierte mit Spott.
Der Wahlkampf in den USA befindet sich in der Schlussphase: Am 5. November wird gewählt. Umfragen sagen ein sehr enges Rennen voraus. Harris und Trump versuchen jetzt vor allem unentschlossene Wähler zu überzeugen und setzen dabei auf maximalen Kontrast und Provokation. Zu der Townhall hatte CNN registrierte Wähler eingeladen, die angaben, noch unsicher zu sein, wen sie wählen wollen. Trump hatte eine Einladung zu der Townhall nach Angaben des Senders ausgeschlagen.
„Halten Sie Donald Trump für einen Faschisten?“
Trump sei „zunehmend instabil“ und „ungeeignet für das Amt“, sagte Harris gleich zu Beginn der Bürgerstunde. Ehemalige Mitarbeiter des Ex-Präsidenten und enge Vertraute hätten ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Trump die Verfassung der Vereinigten Staaten verachte und nie wieder das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten ausüben sollte, sagte Harris. Moderator Anderson Cooper fragte die 60-Jährige: „Halten Sie Donald Trump für einen Faschisten?“ Harris antwortete ohne Zögern: „Ja, das tue ich.“
Auslöser für die Frage waren Äußerungen von Trumps ehemaligem Stabschef John Kelly. Er sagte der „New York Times“, Trump falle aus seiner Sicht „unter die allgemeine Definition eines Faschisten“. Er verwies dabei auf die Beschreibung von Faschismus als einer extrem rechten, autoritären und ultranationalistischen Ideologie, bei der es unter anderem einen diktatorischen Anführer und eine Unterdrückung der Opposition gebe.
Trump: „Harris merkt, dass sie verliert“
Harris sagte, Kelly habe mit seinen Aussagen über Trump einen „Notruf an das amerikanische Volk abgesetzt“, um darauf hinzuweisen, was passieren könnte, wenn dieser wieder ins Weiße Haus einziehe. Die Leute, die Trump „zurückhalten könnten“, seien nun nicht mehr da. „Ich glaube, Donald Trump ist eine Gefahr für das Wohlergehen und die Sicherheit Amerikas“, sagte Harris.
Trump hatte dafür nur Spott übrig. „Harris merkt, dass sie verliert, und zwar haushoch (...)“, schrieb der 78-Jährige auf der Online-Plattform Truth Social. „Deshalb verschärft sie jetzt zunehmend ihre Rhetorik.“ Sie gehe schon so weit, ihn als Adolf Hitler zu bezeichnen. Harris sei selbst „eine Bedrohung für die Demokratie und nicht geeignet, Präsidentin der Vereinigten Staaten zu werden“, schrieb Trump.
Migration, Fracking, Abtreibung - Harris in der Offensive
Harris versuchte zugleich, Punkte bei unentschlossenen Wählern zu sammeln, indem sie die Probleme ansprach, bei denen viele Amerikaner Trump mehr zutrauen. „Ich werde nie zulassen, dass Amerika eine unsichere Grenze hat“, sagte Harris. Trump und seine Unterstützer behaupten, dass unter Präsident Joe Biden und Harris als seiner Vizepräsidentin eine unkontrollierte Einwanderung in die USA eskaliert sei. Der Frage, ob sie wie Trump eine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen wolle, wich Harris aus: „Ich will unsere Grenze stärken.“
Auch versicherte Harris, dass sie die umstrittene Erdgas-Gewinnung durch Fracking - anders als von Trump behauptet - nicht verbieten werde. Fracking ist ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor im umkämpften Bundesstaat Pennsylvania, der mit seinen 19 Stimmen von Wahlleuten das Rennen um das Weiße Haus entscheiden könnte. Für den Sieg braucht man 270 Wahlleute.
Harris signalisierte, dass sie eine Änderung der Abstimmungsregeln im US-Senat unterstützen könnte, um das Recht auf Abtreibung per Gesetz zu verankern. „Ich denke, dass wir uns den Filibuster anschauen müssen“, sagte Harris im Bezug auf die Vorgabe, dass im Senat eine Mehrheit von 60 der 100 Stimmen erforderlich ist, um sich hinziehende Debatten zu beenden. Mit den knappen Mehrheiten sorgt das seit Jahren dafür, dass zwischen den beiden Parteien umstrittene Entscheidungen nicht getroffen werden können.
Harris: „Ich bete jeden Tag“
Harris sagte während der Townhall auch, dass sie täglich bete. „Ich bete jeden Tag, manchmal zweimal am Tag.“ Sie sei im Glauben an einen liebenden Gott erzogen worden und lebe ihren Glauben, indem sie überlege, wie sie anderen helfen könne. Dieser Grundsatz leite auch ihre Arbeit.
Moderator Cooper hatte Harris auf einen Bericht angesprochen, wonach sie nach dem Rückzug Joe Bidens aus dem Präsidentenrennen zunächst einen Pastor anrief. „Ich brauchte diese spirituelle Art von Verbindung. Ich brauchte diesen Rat. Ich brauchte ein Gebet“, berichtete sie über das Gespräch mit Pastor Amos Brown von ihrer Baptistengemeinde in San Francisco.
Auch Christen und Konservative sind eine wichtige Wählergruppe. Viele von ihnen fühlen sich mit dem Republikaner Trump verbunden. Nach Ende der Fragerunde sprach Harris mit ausgeschalteten Mikrofonen länger mit einer Frau, deren Ehemann vor einem Jahr gestorben war. Danach machte sie eine Runde durch den Saal und unterhielt sich auch mit anderen Teilnehmern.