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Guttenbergaffäre Guttenbergaffäre: Schuld am Plagiat war Dauerstress

Von Brigitte Caspary und Till Erdtracht 11.05.2011, 05:53

Bayreuth/dapd. - Das geht ausdem am Mittwoch veröffentlichen Abschlussbericht der UniversitätBayreuth zur Überprüfung der Dissertation hervor. In einerschriftlichen Stellungnahme für die Kommission «Selbstkontrolle inder Wissenschaft» räumte der CSU-Politiker demnach eine «ungeordneteArbeitsweise» mit «gelegentlich chaotischen Zügen» ein. Dadurch habeer den Überblick über seine Quellen verloren.

«Er beschreibt letztlich, dass es sich eher um eine großeSchlamperei in Folge von Dauerstress handelt», fasste derVorsitzende der Kommission, Stephan Rixen, die Erklärung auf einerPressekonferenz in Bayreuth zusammen. Dort hatte die Universität amVormittag den mehr als 80 Seiten langen Abschlussbericht derKommission inklusive einer Übersicht einiger ZitierverstößeGuttenbergs vorgelegt. Das Dokument wurde auch ins Internetgestellt.

Guttenberg hatte zwar gravierende Fehler in seiner Dissertationeingeräumt, eine bewusste Täuschung aber immer bestritten. AnfangMärz war der CSU-Politiker vom Amt des Verteidigungsministerszurückgetreten. Zuvor hatte ihm die Universität Bayreuth seinenDoktortitel aberkannt.

Nach Auffassung des Gremiums hat der CSU-Politiker in seinerDissertation vorsätzlich abgeschrieben und getäuscht. «EvidentePlagiate» hätten sich über die ganze Arbeit verteilt gefunden, sagteRixen. Guttenberg habe sowohl wortwörtlich abgeschrieben als auchInhalte übernommen, ohne dies entsprechend zu kennzeichnen.

Ein Exemplar des Abschlussberichts ging laut Uni-PräsidentRüdiger Bormann auch schon den Anwälten Guttenbergs zu. EineStellungnahme hierzu sei jedoch bisher nicht erfolgt, sagte er.

Zwtl: Indizien für bewusste Täuschung

Rixen erklärte, die Kommission habe in ihrer zweieinhalb Monatedauernden Arbeit zahlreiche Indizien für eine bewusste Täuschungdurch Guttenberg gefunden. Entsprechend könne nicht mehr nur vonFahrlässigkeit gesprochen werden, wie der Ex-Verteidigungsministerdies tue, betonte Rixen.

Anhaltspunkte dafür, dass zu Guttenberg seine Arbeit nicht selbstgeschrieben, sondern von einem «Ghostwriter» habe anfertigen lassen,hätten sich allerdings nicht ergeben, sagte Rixen weiter.

Wie aus dem Bericht der Kommission weiter hervorgeht, erklärteGuttenberg seine missglückte Doktorarbeit im Wesentlichen mit seiner«vielfachen Arbeitsbelastung», die durch die Übernahme neuerberuflicher Tätigkeiten und politischer Ämter entstanden sei. Dieseseien ihm über den Kopf gewachsen. Hinzugekommen sei dieErwartungshaltung der Familie, die bestehenden Anforderungenerfolgreich zu bewältigen.

Zudem habe er seinen Doktorvater Peter Häberle nicht enttäuschenwollen. Er habe sich nicht durchringen können, die Dissertationzurückzugeben und das Promotionsverfahren zu beenden. «Ich wolltemir eine Schwäche nicht eingestehen», sagte Guttenberg laut Bericht.

Die zuständige Kommission der Universität erkannte dieseArgumentation nicht an: Im Wissen um eine sich über Jahrehinziehende «zeitliche Dauerüberforderung» habe sich Guttenbergentschieden, «über alle selbst erkannten Warnzeichen hinwegzusehen».Er habe damit sehenden Auges in Kauf genommen, dass er eineArbeitsweise pflege, der «die fehlende wissenschaftliche Sorgfaltimmanent ist», heißt es in dem Bericht. Wer jahrelang akzeptiere,dass er Sorgfaltsstandards nicht einhält, «handelt nicht fahrlässig,sondern vorsätzlich, weil er die Sorgfaltswidrigkeit zum bewusstenArbeitsstil erhebt».

Zwtl: Sehr gute Benotung nicht nachvollziehbar

Unklar bleibt auch nach der Überprüfung, warum Guttenbergs Arbeitmit der Höchstnote «summa cum laude» benotet wurde. Dies sei nichthinreichend begründet worden und nicht nachvollziehbar, sagte Rixen.

Die Universität kündigte Konsequenzen aus der «Causa Guttenberg»an. «Dieser Prozess ist für mich noch nicht abgeschlossen», sagteBormann. Die Hochschulleitung werde prüfen, wie Plagiatsfälle inZukunft verhindert werden könnten. Denkbar seien beispielsweiseeidesstattliche Versicherungen durch die Doktoranden. Die Kommissionhatte in ihrem Bericht eine Reihe von Vorschlägen dazu gemacht.

Ebenfalls noch nicht abgeschlossen sind die Ermittlungen derStaatsanwaltschaft Hof, die unter anderem dem Verdacht derUrheberrechtsverletzung durch Guttenberg nachgeht. «UnsereErmittlungen laufen noch, aber wir hoffen, im Sommer eineZwischenbilanz vorlegen können», sagte Oberstaatsanwalt Reiner Laibauf dapd-Anfrage. Dabei werde der Untersuchungsbericht derUniversität Bayreuth in die Ermittlungen einfließen.