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Große Koalition Große Koalition: Ist die SPD-Mitgliederbefragung verfassungsgemäß?

Von Tobias Peter 06.02.2018, 17:36
Kevin Kühnert ist Vorsitzender der Jusos und kämpft weiter gegen die Große Koalition.
Kevin Kühnert ist Vorsitzender der Jusos und kämpft weiter gegen die Große Koalition. dpa

Berlin/Karlsruhe - Die Geschichte wiederholt sich nicht? Womöglich doch. Wie bereits vor vier Jahren gibt es Verfassungsbeschwerden gegen den SPD-Mitgliederentscheid, mit dem über die große Koalition abgestimmt werden soll.

Das Bundesverfassungsgericht jedenfalls prüft die Zulässigkeit des geplanten Mitgliederentscheids. Es habe fünf Anträge gegeben, das Votum zu untersagen, sagte ein Sprecher am Dienstag in Karlsruhe. Zwei Anträge wurden aber bereits abgelehnt. Demnach handelt es sich um Verfassungsbeschwerden von Einzelpersonen.

Kein „Akt der öffentlichen Gewalt“

Sigmar Gabriel war im Jahr 2013 der erste SPD-Chef, der die Mitglieder über eine Koalition abstimmen ließ. Damals hat das Verfassungsgericht einen Eilantrag gegen den Mitgliederentscheid zurückgewiesen. Eine Verfassungsbeschwerde gegen die Abstimmung sei unzulässig, entschied damals eine aus drei Richtern besetzte Spruchkammer des Zweiten Senats – und zwar aus grundsätzlichen wie auch aus inhaltlichen Gründen.

Grundsätzlich gelte, dass mit einer Verfassungsbeschwerde können nur Akte der öffentlichen Gewalt angegriffen werden könnten. „An einem solchen Akt fehlt es hier“, erklärten die Richter. Zur Begründung führten sie aus, der Abschluss einer Koalitionsvereinbarung zwischen politischen Parteien könne nicht als „staatliches Handeln“ angesehen werden – ebenso wenig wie die vorgelagerte oder nachfolgende parteiinterne Willensbildung.

Jusos werben um neue Mitglieder für „Nein“-Stimmen

Inhaltich wiesen die Richter bereits damals insbesondere das zentrale Argument der Kritiker des Mitgliederentscheids als nicht stichhaltig zurück. Nämlich die Behauptung, durch das Mitgliedervotum werde grundgesetzwidrig das freie Mandat der Abgeordneten beeinträchtigt. Stimmt nicht – befand das Verfassungsgericht.

Vielmehr verweisen sie auf Artikel 38 des Grundgesetzes. Dort ist garantiert, dass die Abgeordneten „an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen“ sind. Der Mitgliederentscheid nehme den Abgeordneten keineswegs das Recht, diese Freiheit auszuüben.

Am Dienstag lief der Stichtag ab, bis zu dem jemand in die SPD eingetreten sein muss, um am Mitgliederentscheid teilzunehmen. Nur wer bis zum diesem Tag von seinem Ortsvorstand tatsächlich aufgenommen worden ist und bis 18 Uhr in die zentrale Mitgliederdatei eingetragen wurde, kann mit abstimmen. Mit dem Slogan „Tritt ein, Sag Nein“ hatten die Jusos um neue SPD-Mitglieder geworben – doch auch Befürworter einer großen Koalition hatten die Chance, noch rechtzeitig beizutreten. Allein in Nordrhein-Westfalen haben im Januar in den Tagen nach dem SPD-Parteitag 3600 Menschen online einen Antrag auf Mitgliedschaft gestellt.

Nach dem Eintritt Tausender neuer Mitglieder in die SPD können insgesamt 463.723 Sozialdemokraten über den geplanten Koalitionsvertrag mit der Union abstimmen. Seit Neujahr seien 24.339 Neumitglieder dazugekommen, teilte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil am Dienstagabend mit. Allein in Nordrhein-Westfalen haben im Januar in den Tagen nach dem SPD-Parteitag 3600 Menschen online einen Antrag auf Mitgliedschaft gestellt.