GroKo-Koalitionsvertrag GroKo-Koalitionsvertrag: Wo haben sich CDU, CSU und SPD durchgesetzt?

Europapolitik
Die Europapolitik steht am Anfang des Vertrags – das war SPD-Chef Martin Schulz wichtig, dem Ex-Präsidenten des EU-Parlaments. Deutschland will sich gemeinsam mit Frankreich an die Spitze der anstehenden Reformen in EU und Eurozone stellen und nach dem Ausscheiden der Briten mehr Geld in den EU-Haushalt zahlen. Die Idee eines Investitionshaushaltes für die Eurozone scheint auf. Der Euro-Rettungsschirm ESM soll zu einem Europäischen Währungsfonds weiterentwickelt werden. Union und SPD lassen vieles offen, das ist von den EU-Partnern durchaus erwünscht. Rote Linien in Deutschland erschweren die Kompromissfindung in Brüssel. Die Bundeskanzlerin muss sich in europapolitischen Fragen eng mit dem Vizekanzler abstimmen. Neu ist aber, dass das auch für EU-Gipfel und die EU-Ministerräte gilt. Der Einfluss der SPD auf die Europapolitik steigt – zumindest in der Theorie. Deshalb: Vorteil SPD. (fra, thk)
Klima/Energie/Umwelt
Im Politikfeld Klima/Energie/Umwelt werden wichtige Beschlüsse zum Umbau des Energieversorgungssystems vertagt. Das Klimaziel für 2020 – 40 Prozent weniger CO2-Ausstoß im Vergleich zu 1990 – wurde schon früh kassiert. Stattdessen kapriziert sich die neue Regierung auf das 2030er-Ziel (minus 55 Prozent CO2). Ein Datum für den Kohleausstieg nennt die Groko nicht. Stattdessen soll eine Kommission einen Kohlekonsens erarbeiten. Experten haben zugleich hochgerechnet, dass aufgrund neuer Förder-Regeln für Erneuerbare etwa bei der Windenergie in den nächsten vier Jahren weniger Erzeugungskapazitäten hinzu kommen werden als in den vergangenen vier Jahren. Das alles zielt darauf, die Lebenszeit der Kohlekraftwerke zu verlängern. Die von der Union geführten Landesregierungen in NRW und Sachsen, wo sich die Braunkohlereviere befinden, wird’s freuen. Deshalb: Vorteil CDU/CSU. (fw)
Digitales und Arbeit
Digitales
Das zentrale Projekt beim Thema Digitales ist der flächendeckende Ausbau der Gigabitnetze. Doch dieses Ziel soll erst Anfang 2025 erreicht werden. Gleichwohl wird sich bald einiges tun. Die Frequenzen für die neue Mobilfunktechnik 5G sollen versteigert werden, der kommerzielle Betrieb soll 2020 beginnen. Mit den Erlösen der Auktion will die Groko den Netzausbau vor allem auf dem Land fördern. Von einem „Finanzierungsbedarf“ von zehn bis zwölf Milliarden Euro ist die Rede. Tatsächlich werden die Konzerne erheblich mehr investieren, aber vor allem in Netze in Ballungsgebieten, da dort die Vermarktung schneller Internetzugänge erheblich lukrativer und der Wettbewerb extrem hart ist. Zugleich reichen zwölf Milliarden nicht, um in ländlichen Regionen wie in Bayern oder in Sachsen, wo die Union noch relativ stark ist, die Situation in den nächsten vier Jahren spürbar verbessern. Deshalb: Vorteil: SPD (fw)
Arbeit
Von der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen sind bislang vor allem Berufseinsteiger und Angestellte im öffentlichen Dienst betroffen. Die SPD wollte die grundlosen Zeitverträge abschaffen, die Union wollte sie beibehalten. Im Koalitionsvertrag ist nun festgelegt, dass Arbeitgeber mit mehr als 75 Beschäftigten nur noch maximal 2,5 Prozent der Belegschaft sachgrundlos befristen dürfen. Außerdem soll die Länge der Zeitverträge ohne sachlichen Grund von 24 Monaten auf 18 Monate reduziert werden. Bis zu dieser Gesamtdauer darf der Vertrag nur einmalig statt wie bisher dreimalig verlängert werden. Deshalb: unentschieden mit leichtem Vorteil SPD. (ann, in der FR: nika)
Gesundheit, Migration und Zuwanderung
Das Thema Migration und Zuwanderung gehörte zu jenen Punkten, bei denen die SPD nach ihrem Parteitag mehr heraushandeln wollte. Das gelang ihr aber nur an wenigen Stellen. Das Recht auf Asyl wird nicht angetastet, es bleibt aber bei einer Art Korridor für Zuwanderer, der zwischen 180.000 und 220.000 Menschen pro Jahr liegt. Auch beim Familiennachzug gilt, was bereits vereinbart wurde. Der Zuzug soll ab dem 1. August 2018 auf 1.000 Personen pro Monat begrenzt werden Allerdings konnte die SPD einige Verbesserungen erreichen, wenn es um ein neues Fachkräftezuwanderungsgesetz und die schnellere Integration in den Arbeitsmarkt geht. Das Amt der Integrationsbeauftragten im Kanzleramt fällt aber wieder an die CDU. Deshalb: Vorteil CDU/CSU. (kd)
Gesundheit
Beim Streitthema Gesundheit haben sich CDU, CSU und SPD auf die Einsetzung einer Kommission geeinigt, die Vorschläge für eine Reform der Arzthonorare für Kassen- und Privatpatienten erarbeiten soll. Die Kommission soll ihre Vorschläge bis Ende 2019 vorlegen. Ob sie übernommen werden, ist freilich ungewiss. Damit ist ebenso offen, ob es zu der von der SPD geforderten Angleichung der Arzthonorare für gesetzlich und privat Versicherte kommt. Mit dem Schritt wollten die Sozialdemokraten den Einstieg in ihr Modell einer Bürgerversicherung schaffen. Bereits in den Sondierungsgesprächen hatten sich Union und SPD auf die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung geeinigt. Deshalb: Vorteil CDU/CSU. (mdc)