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Gesundheit Gesundheit: Experte: Lipobay-Zulassung war unverzeihlich

Von Ute Albersmann 14.08.2001, 17:48

Magdeburg/MZ. - "Die Zigarette weglassen,weniger trinken und gesünder essen: das würdemehr helfen", sagte Meyer.

Meyer ist Chef des Instituts für KlinischePharmakologie der Magdeburger Universität.Er hatte in Aufsätzen schon vor Monaten vorLipobay und vergleichbaren Produkten gewarnt.Über die Langzeitwirkung könnten überhauptnoch keine Aussagen gemacht werden, sagteer gestern. Für ihn ist es "Zufall", dassjetzt Bayer in der Kritik steht. Es gebe inDeutschland sechs weitgehend gleiche Konkurrenzprodukte.Sechs Todesfälle werden in Zusammenhang mitdem blutfett-senkenden Medikament Lipobayderzeit in Deutschland untersucht, 52 sindes nach Bayer-Angaben vom Montag weltweit.

Meyer forderte eine härtere Medikamenten-Prüfungvor der Zulassung. Das Bayer-Präparat sei"weniger intensiv untersucht worden" als Konkurrenz-Produkte.Es sei "unverzeihlich", dass deutsche undauch amerikanische Gesundheitsinstitute solcheProdukte zuließen. Meyer verweist aber auchdeutlich darauf, dass es nicht nur um Gesundheit,sondern auch um sehr viel Geld geht. Unternehmen,viele Ärzte und Apotheker kurbelten das Geschäftmit den Medikamenten auch aus reinem Wirtschaftsinteressean, sagte er. Ein weiterer Grund für den Verordnungs-Boomseien die oft geringen pharmakologischen Kenntnisseder Ärzte. "Pharmavertreter können sie dannleicht über den Tisch ziehen." Dazu kämendie Wünsche der Patienten: Mittel, die vermeintlichdas Wohlbefinden steigerten, würden verlangt."Ärzte können sich oft kaum entziehen."

Henning Friebel, Chef der LandesärztekammerSachsen-Anhalt, sagte vor dem Hintergrunddes Lipobay-Skandals, den "mündigen Patienten"könne es nicht geben. Kranke seien auf dieBeratung ihres Arztes angewiesen. "Ist dasVertrauen gestört, hilft nur eines: den Arztzu wechseln." Er warnte aber vor "Arzthopping".Verordneten mehrere Ärzte ohne Wissen voneinanderMedikamente, könne das im Magen des Patienteneinen gefährlichen Cocktail ergeben.