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Geschichte Geschichte: Streit um Herausgabe von Stasi-Unterlagen über Gregor Gysi

05.09.2005, 13:58

Berlin/dpa. - Über die Herausgabe von Stasi-Unterlagen über denSpitzenpolitiker der Linkspartei, Gregor Gysi, wird jetzt vor Gerichtgestritten. Gysi habe beim Berliner Verwaltungsgericht vorläufigenRechtsschutz bekommen und so eine geplante Herausgabe von Papierendurch die Bundesbehörde für die Stasi-Unterlagen zunächst gestoppt,sagte deren Chefin Marianne Birthler am Montag. «Das ist aber keineBewertung in der Sache». Birthler sagte, sie warte das Hauptverfahrenab. Zum Inhalt der Papiere sowie zu ihrem weiteren Vorgehen in demRechtsstreit wollte die Behörde keine Angaben machen.

Parallelen zum langjährigen Rechtsstreit um die Freigabe vonStasi-Akten über Altkanzler Helmut Kohl (CDU) sah dieBundesbeauftragte nicht. Kohl sei Betroffener gewesen. Bei Gysi seidas anders. «Er hat mit dem Ministerium für Staatssicherheitzusammengearbeitet.» Dies hat Gysi, der jetzt mit der Linkspartei inden Bundestag einziehen will, stets bestritten. Seine Aussage wurdeauch durch mehrere Gerichtsurteile bestätigt. DasBundesverwaltungsgericht hatte enge Grenzen für die Freigabe vonPapieren über Kohl gesetzt.

Nach eigenen Angaben hat die Bundesbehörde aber ein «Aktenpaket»zu Gysi freigegeben. Darin geht es nach einem Bericht imNachrichtenmagazin «Der Spiegel» um Aufzeichnungen der Stasi überzwei «auftragsgemäß» durchgeführte Besuche von Gysi bei seinemdamaligen Mandanten, dem DDR-Kritiker Robert Havemann.

Birthler sagte, es gebe aus heutiger Sicht keine Abstriche an demGutachten über Gysi, das die Stasi-Unterlagenbehörde 1995 für denBundestag erstellte. Danach war Gysi jahrelang für die Stasi einewichtige Person zur Bekämpfung der DDR-Oppositionellen, aber nichtförmlich als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) verpflichtet. Damals hießes, die Unterlagen «legen den Schluss nahe, dass Dr. Gysi alsanwaltlicher Vertreter von oppositionellen Bürgern die Interessen desMfS mit durchzusetzen half und mandantenbezogene Informationen an dasMfS weitergab».

Bei der Vorstellung des neuen Tätigkeitsberichts ihrer Behörderegte Birthler auch eine Novellierung des Stasi-Unterlagengesetzesdurch den neuen Bundestag an. So müsse der Umgang mit den Aktengestorbener Stasi-Opfer geregelt werden. Birthler warnte zugleich voreiner Verklärung und Verharmlosung der DDR-Vergangenheit.

Bei der Aufarbeitung der Strukturen des MfS habe es trotz desKohl-Urteils keinen Stillstand gegeben, betonte Birthler. DasInteresse der Bürger an den «eigenen Akten» halte nahezu unvermindertan. Bei ihrer «modernen Dienstleistungsbehörde» gingen in den letztendrei Jahren jeweils mehr als 90 000 Anträge auf Akteneinsicht ein.Seit 1992 haben etwa anderthalb Millionen Menschen diese Einsichtbeantragt. Birthler, deren Amtszeit im Oktober ausläuft, will sicheiner Wiederwahl im Bundestag stellen.