1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Geschichte: Geschichte: Politiker befürchten Verklärung der DDR

Geschichte Geschichte: Politiker befürchten Verklärung der DDR

19.04.2009, 18:12
Das Foto stammt nicht von 1987, sondern von 2007: Beim Rosenmontagsumzug am 19. Februar in Köthen waren Kinder des Köthener Karnevalvereins «Kukakö» dabei, die sich als DDR-Pioniere verkleidet hatten. (FOTO: DPA)
Das Foto stammt nicht von 1987, sondern von 2007: Beim Rosenmontagsumzug am 19. Februar in Köthen waren Kinder des Köthener Karnevalvereins «Kukakö» dabei, die sich als DDR-Pioniere verkleidet hatten. (FOTO: DPA) dpa-Zentralbild

BERLIN/MZ/DPA. - Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) findet es wenig komisch, "wenn heute fünf Prozent der deutschen Gymnasiasten Walter Ulbricht für einen oppositionellen Liedermacher der DDR halten und mehr als sieben Prozent in Erich Honecker den zweiten Bundeskanzler der Bundesrepublik sehen".

Die Politiker beziehen sich auf Untersuchungen des Leiters des Forschungsverbunds SED-Staat an der Freien Universität Berlin, Klaus Schroeder. Dieser stellte unter anderem fest: "Die Aufarbeitung der DDR ist schlichtweg gescheitert." Der ostdeutsche SPD-Bundestagsabgeordnete Markus Meckel beklagte dagegen ein generell maßloses Defizit an Kenntnissen deutscher Geschichte.

Linksfraktionschef Gregor Gysi sagte am Wochenende, er halte die DDR für keinen Unrechtsstaat. "Die DDR war zwar eine Diktatur ohne demokratische Kontrolle und kein Rechtsstaat. Es gab in ihr auch Unrecht, sie war aber kein Unrechtsstaat", so Gysi. Der frühere Bundesbeauftragte für die Stasi-Akten, Joachim Gauck, sieht das anders. Politisch gesehen, so Gauck am Samstag in der MZ, treffe der Begriff Unrechtsstaat zu, weil es in der DDR keine Unabhängigkeit der Justiz gegeben habe.

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) warf unterdessen auch SPD-Chef Franz Müntefering eine "Verklärung der DDR" vor - ohne dies in der "Bild am Sonntag" auszuführen. Er bezog sich auf Münteferings Aussage "Die DDR war ein Unrechtsstaat (...) Aber die allermeisten Menschen, die in der DDR gelebt haben, hatten keinen Dreck am Stecken". Zudem kritisierte Wulff: "Müntefering verharmlost und klittert Geschichte, wenn er die Wiedervereinigung nicht als freie Entscheidung der DDR-Bürger, als friedliche Revolution, sondern als eine Zwangs-Annexion darstellt." Müntefering hatte gesagt, dass die Deutschen "1989 / 90 nicht wirklich die Wiedervereinigung organisiert haben, sondern die DDR der Bundesrepublik zugeschlagen haben".