Geschichte Geschichte: Der «älteste Spion Russlands» ist tot
Moskau/dpa. - Ein ehemaliger Angehöriger der legendärenNS-Widerstandsbewegung «Rote Kapelle» ist im Alter von 95 Jahren inRussland gestorben. «Russlands ältester Spion», wie AnatoliGurewitsch von Moskauer Medien bezeichnet wurde, hatte im ZweitenWeltkrieg auch Kontakt zum 1942 hingerichteten deutschenAntifaschisten Harro Schulze-Boysen. Gurewitsch sei am 2. Januar nachlanger schwerer Krankheit in St. Petersburg gestorben, berichtete dieInternetzeitung «newsru.com» am Sonntag. Der gelernte Dolmetscherhatte unter dem Decknamen «Kent» vor allem aus dem besetzten BelgienInformationen über die Pläne Hitler-Deutschlands nach Moskau gefunkt.
Der am 7. November 1913 in Charkow geborene Gurewitsch hattezunächst als Freiwilliger am Spanischen Bürgerkrieg teilgenommen undwar 1938 in Moskau angeworben worden. Nach Agentendiensten inStockholm, Berlin und vor allem Brüssel wurde er 1942 in Marseilleverhaftet, jedoch nicht hingerichtet. Nach seiner Rückkehr in dieSowjetunion 1945 warf ihn das Stalin-Regime «wegen Verrats» in einArbeitslager. 1991 wurde er vollständig rehabilitiert. Wegen einerniedrigen Rente war Gurewitsch beim Kauf dringend benötigterMedikamente in den letzten Jahren auf Spenden angewiesen, hieß es.
Seinen totgeglaubten Sohn konnte das frühere Mitglied der «RotenKapelle» erst 1991 nach fast 50 Jahren wieder in die Arme schließen.Bis dahin hatte ihn Moskau im Glauben gelassen, der in Wirklichkeitin Spanien lebende Michel sei im Zweiten Weltkrieg nach der Geburtgestorben. Die NS-Widerstandsbewegung «Rote Kapelle» bestand zumGroßteil aus untereinander oft nur lose verbundenen Gruppen.