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Gerichtsurteil Gerichtsurteil: Junge erhält nach Djerba-Anschlag kein Schmerzensgeld

27.10.2004, 08:37
Ein deutsches Mädchen wird am 12. April 2002 ins Krankenhaus von Tunis eingeliefert. Sie war beim Attentat auf die Synagoge von Djerba tags zuvor schwer verletzt worden. (Foto: dpa)
Ein deutsches Mädchen wird am 12. April 2002 ins Krankenhaus von Tunis eingeliefert. Sie war beim Attentat auf die Synagoge von Djerba tags zuvor schwer verletzt worden. (Foto: dpa) dpa

Hannover/dpa. - Für seine schweren Verletzungen bei dem Terroranschlag von Djerba bekommt ein sechsjähriger Junge kein Schmerzensgeld vom weltgrößten Tourismuskonzern TUI. Das Landgericht Hannover wies am Mittwoch die Klage des kleinen Adrian Esper aus Bergkamen (Nordrhein-Westfalen) ab. «Das seit dem 11. September 2001erhöhte Risiko hat sich verwirklicht, als westlicher Tourist Opfer eines terroristischen Anschlags zu werden», sagte die Vorsitzende Richterin Britta Knüllig-Dingeldey. Die TUI-Tochter 1-2-Fly als Reiseveranstalter habe ihre Pflichten nicht verletzt. TUI begrüßte das Urteil. Adrians Vater kündigte an, in die nächste Instanz zu gehen.

Adrian hatte am 11. April 2002 mit seinen Eltern bei einem Ausflugdie Synagoge La Ghriba besucht. Vor dem Gebäude ließen Terroristeneinen Tankwagen explodieren. 22 Menschen starben, Adrian erlittschwerste Verbrennungen an 40 Prozent seiner Haut. Die Espers hattenargumentiert, 1-2-Fly hätte vor möglichen Gefahren in Tunesien warnenmüssen. Deshalb forderte die Familie für Adrian 100 000 EuroSchmerzensgeld und eine monatliche Rente.

Nach Ansicht der Richterin hätte der Reiseveranstalter nur danngegen seine Aufklärungspflicht verstoßen, wenn er von einerverschärften Sicherheitslage in Tunesien gewusst hätte. Das habeFamilie Esper aber nicht beweisen können. 1-2-Fly «konnte sich aufdie Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes verlassen», meinteKnüllig-Dingeldey. Dieses hatte einen Tag vor dem Anschlag lediglichvor Kleinkriminalität in Touristenhochburgen gewarnt.

«Die Entscheidung des Gerichts entspricht unseren Erwartungen»,sagte TUI-Bereichsvorstand Volker Böttcher. Er kündigte zugleich an,als «humanitäre Geste» werde der Konzern über eine TUI-eigeneStiftung Ausbildungsversicherungen für alle vom Terroranschlagbetroffenen Kinder abschließen. Den sieben Kindern - darunter AdrianEsper - komme dann zu Beginn ihrer Ausbildung eine insgesamtsechsstellige Versicherungssumme zu Gute.

Adrians Vater Michael Esper kündigte an, notfalls durch alleInstanzen zu gehen. «Es geht ja gar nicht ums Gewinnen oderVerlieren, es geht nur darum zu beweisen, dass TUI dieInformationspflicht verletzt hat», sagte er.

Die Synagoge auf der tunesischen Ferieninsel Djerba war Schauplatz des Anschlags am 11. April 2002 (Archivfoto: dpa).
Die Synagoge auf der tunesischen Ferieninsel Djerba war Schauplatz des Anschlags am 11. April 2002 (Archivfoto: dpa).
dpa