Gedenken an letzten Mauertoten Gedenken an letzten Mauertoten: Chris Gueffroy starb vor 25 Jahren im Kugelhagel

Berlin - Vor 25 Jahren wurde der letzte DDR-Flüchtling erschossen. Mit einer Andacht an diesem Mittwoch um 12 Uhr erinnert die Stiftung Berliner Mauer an Chris Gueffroy, der in der Nacht vom 5. zum 6. Februar 1989 im Kugelhagel von DDR-Grenzsoldaten starb. Das Gedenken findet in der Kapelle der Versöhnung auf dem früheren Todesstreifen statt.
Der 20-jährige Gueffroy wollte mit einem Freund flüchten. Gegen 22.30 Uhr erreichen sie am 5. Februar vor 25 Jahren die Kleingartenkolonie „Harmonie“ in Treptow, wie es im biographischen Handbuch „Die Todesopfer an der Berliner Mauer“ heißt. Gegen 23.30 Uhr nähern sie sich den Sperranlagen vor dem Britzer Zweigkanal, der Grenze zu Neukölln in West-Berlin. Mit Wurf-Ankern überwinden sie die Hinterlandmauer, doch dann lösen sie die Alarmanlagen aus.
Mit einer Dampflok und mehreren Waggons durchbrechen sechs Männer, zehn Frauen und sieben Kinder den Ost- Bahnhof Albrechtshof und setzen sich nach Spandau ab.
Vom Keller eines Grenzhauses flüchten 28 Menschen durch einen Stollen unter der Oranienstraße in den Westen - eine der ersten von etwa einem Dutzend geglückter Tunnelfluchten.
14 Ost-Berliner kapern auf der Spree ein Fahrgastschiff und überqueren im Kugelhagel den Fluss.
Der 18 jahre alte Bauarbeiter Peter Fechter wird beim Versuch, die Mauer an der Zimmerstraße zu überwinden, durch Schüsse von Grenzposten tödlich verletzt. Die West-Berliner Polizei muss mehr als eine Stunde lang ohnmächtig zusehen, wie der junge Mann verblutet.
Maschinengewehrsalven können einen gepanzerten Bus nicht stoppen, der am 2. Weihnachtstag mit zwei Familien durch den Kontrollpunkt Drewitz/Dreilinden rast.
57 Männer, Frauen und Kinder kriechen durch einen etwa 150 Meter langen Tunnel zwischen der Strelitzer Straße und der Bernauer Straße in Wedding. Ein Grenzsoldat wird erschossen. Zu den Fluchthelfern gehört der spätere Astronaut Reinhard Furrer.
Vom Dach des Hauses der Ministerien schwebt eine Familie aus Leipzig mit einer selbstgebastelten Seilbahn über die Mauer in den Bezirk Kreuzberg. Dort hatten Helfer das Tau verankert.
Drei Ost-Berliner durchbrechen vgegen Mitternacht mit einem kiesbeladenen Laster die Sperren am Checkpoint Charlie.
Neun Monate vor dem Fall der Mauer wird Chris Gueffroy (20) rücklings von Grenzwächtern erschossen. Er hatte versucht, die Sperranlagen zum West-Bezirk Neukölln zu überwinden.
Der letzte, dem die Grenze zum Verhängnis wird, ist der 32-jährige Winfried Freudenberg aus Prenzlauer Berg. Mit einem selbst gebastelten Gasballon stürzt er in Zehlendorf in den Tod.
Vor dem Reichstagsgebäude im Westen landen zwei Leichtflugzeuge mit einem 34 Jahre alten Flüchtling und seinen Helfern.
Nur noch ein zwei Meter hoher Streckmetallzaun trennt die Flüchtlinge vom Westen. Mehr als 20 Schüsse peitschen durch die Nacht. Gueffroy wird ins Herz getroffen. Sein Freund wurde schwer verletzt.
Nach der Wende wurde der Todesschütze von Gueffroy zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt, drei mitangeklagte Grenzposten bekamen Bewährungsstrafen. Aber 1994 hob der Bundesgerichtshof das Urteil auf – weil die Soldaten in der Hierarchie ganz unten standen. In späteren Prozessen gegen Mauerschützen wurden dann relativ geringe Strafen verhängt.
Mindestens 138 Menschen wurden nach Angaben der Stiftung zwischen 1961 und 1989 an der Berliner Mauer getötet. Nach dem Tod Chris Gueffroys gab es im Jahr 1989 noch ein weiteres Opfer. Am 8. März stürzte der 32-jährige Winfried Freudenberg mit einem selbst gebauten Ballon in Zehlendorf ab, nachdem er bereits die DDR-Grenze überwunden hatte. (dpa)
