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Frank-Walter Steinmeier Frank-Walter Steinmeier: Spender bittet um Abstand

Von STEFAN SAUER 23.08.2010, 10:56
Der damalige Außenminister und Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) küsst im Oktober 2008 in Berlin auf einem Sonderparteitag der SPD nach seiner Wahl zum Kanzlerkandidaten seine Frau Elke Büdenbender. (FOTO: DDP)
Der damalige Außenminister und Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) küsst im Oktober 2008 in Berlin auf einem Sonderparteitag der SPD nach seiner Wahl zum Kanzlerkandidaten seine Frau Elke Büdenbender. (FOTO: DDP) ddp

Berlin/MZ. - Er spricht ernsthaft,unpathetisch und ruhig, sein Mienenspiel lässt nicht auf ausgeprägte Gefühlswallungen schließen.Aber so ist es immer, wenn Frank-Walter Steinmeier sich öffentlich äußert. Erst gegen Ende derkurzen Stellungnahme, zu der der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion überraschend geladen hat, wird deutlich, wie sehr ihn die Erkrankung seiner Frau bedrückt. Da bittet er in leisen Worten darum, die Privatsphäre seiner Familie in den kommenden Wochen zu respektieren.

Schon am Dienstag lässt der 54-Jährige sicheine Niere entfernen. Unmittelbar darauf wird das Organ seiner schwer erkrankten Ehefrau Elke Büdenbender eingepflanzt. "Es gibt den ärztlichen Rat, dass ihr nur eine Organtransplantation wirklich helfen kann", sagt Steinmeier, und dass es keine gangbare Alternative gebe. Da es "die Voruntersuchungen erlauben, werde ich der Organspender sein".

Sachlicher kann man Schicksalhaftes kaum mitteilen.In sechs bis acht Wochen werde er zurückkehren,"in alter Frische". Bis dahin hofft er auf etwas Selbstverständliches, das Prominenten allerdings oft verwehrt bleibt: in Ruhe gelassen zu werden.

Steinmeier hat seine Familie stets vor öffentlicher Neugier geschützt, so gut es eben ging. Kein buntes Klatschblatt hat ihn je zu einer Home-Story bewegen können. Es gibt keine Bilder von Steinmeier beim Rasenmähen oder Kochen oder wobei sich andere Promis auch immer ablichten lassen,um Volksnähe zu dokumentieren. Die gemeinsame Tochter des 1995 getrauten Ehepaars Büdenbender-Steinmeier,die 14-jährige Merit, hat bisher ein normales,von Paparazzi unbehelligtes Schülerinnen-Leben in Berlin-Zehlendorf führen können.

Steinmeier weiß wohl, dass Fotografen sich am Schul-Tor auf die Mauer legen könnten;er ahnt, dass die Transplantationsklinik doch noch von aufdringlichen Reportern heimgesucht wird; und dann Berichte über Genesungsfortschritte oder Komplikationen die Seiten der Regenbogenpressefüllen. Frank-Walter Steinmeier will das nicht.Und er will allfälligen politischen Spekulationenvorbeugen.

Schließlich debattiert die SPD seit einigen Wochen ziemlich kontrovers die Rente mit 67.Und schließlich ist Steinmeier in der Frage klar auf Seiten der Befürworter. Er stellte sich überzeugt hinter die Reform, die derdamalige Umweltminister und heutige SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel nun erst einmal aussetzen will.Es findet sich in Berlin immer ein Journalist,der politische Gründe vermutet, wo nur das Private zählt.

Das war bei Franz Müntefering nicht anders.Müntefering war im Herbst 2007 wegen der schweren Erkrankung seiner Frau Ankepetra als Arbeitsminister und Vizekanzler zurückgetreten. Zuvor hatte er im Streit mit dem damaligen SPD-Chef Kurt Beck um die Verlängerung der Arbeitslosengeld-I-Zahlungen den Kürzeren gezogen. Prompt wurden Mutmaßungen laut, seine innerparteiliche Niederlage habe den Rückzug motiviert. Ankepetra Müntefering starb am 31. Juli 2008, zwei Wochen später meldete Müntefering sich auf der politischen Bühne zurück.

Eine für beide Eheleute schwierige, nicht ungefährliche Operation vollzieht sich außerhalb des parteipolitischen Universums. Als Transplantationstermin hatte das Ärzteteam die vierte Augustwoche schon Anfang Juli festgelegt, als die aktuelle Rentendebatte noch gar nicht eingesetzt hatte. Steinmeier hielt dies geheim, nur seine engsten Mitarbeiter waren früh im Bilde. Erst am vergangenen Mittwoch informierte Steinmeier den SPD-Vorsitzenden Gabriel. Es grenzt an ein Wunder, dass im geschwätzigen Berlin bis gestern nichts von der bevorstehenden Operation öffentlich wurde.