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Experte: Afghanistan braucht noch viele Jahre Hilfe

30.08.2007, 05:33

Eschborn/dpa. - Afghanistan braucht nach Ansicht von Entwicklungsexperten noch viele Jahre Hilfe von außen, um den Menschen im Land eine sichere Perspektive zu geben. Voraussetzungen für erfolgreiche Arbeit seien Geduld und Respekt vor Traditionen.

Das sagte der Afghanistan-Regionaldirektor der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), Hans-Hermann Dube, in einem Gespräch dpa in Eschborn bei Frankfurt. «Sie müssen ganz lange zuhören». Die Deutschen hätten wegen der langen Geschichte freundschaftlicher Beziehungen einen exzellenten Ruf in dem asiatischen Land.

Mit 45 ausländischen und rund 300 lokalen Mitarbeitern sei die bundeseigene GTZ einer der größten Arbeitgeber in Afghanistan, sagte Dube, der seit viereinhalb Jahren dort tätig ist. Rund 25 Projekte betreut die GTZ, darunter Programme in der Landwirtschaft, etwa um den Bauern Alternativen für den Schlafmohn-Anbau aufzuzeigen, Wasserbewirtschaftung, dezentrale Energieversorgung, Lehrer- oder Berufsausbildung. 2006 habe die GTZ Aufträge im Wert von 41 Millionen Euro in Afghanistan gehabt. Neben der Bundesregierung, vor allem dem Entwicklungshilfeministerium, sind internationale Institutionen wie die Weltbank Auftraggeber.

Bei der Umsetzung von Projekten sei vor allem auf dem Land langwierige Überzeugungsarbeit nötig, sagte Duve. Ohne Rücksicht auf die örtlichen Traditionen seien Bemühungen von vornherein zum Scheitern verurteilt. Erst wenn die Dorfältesten zustimmten, könne mit der praktischen Arbeit begonnen werden, denn erst dann stehe auch die Bevölkerung hinter einem Vorhaben. Fehle diese Zustimmung, könne es sogar zur Zerstörung neuer Anlagen oder Angriffen auf die Helfer kommen. Der Abstimmungsprozess könne Wochen dauern. «Dann ist aber die Hilfe hochwillkommen.»

Rund 20 000 Dörfer habe die GTZ bisher mit dem «National Solidarity Program» der Weltbank erreicht, sagte Dube. Dabei erhalte jedes Dorf 60 000 Dollar für ein Projekt eigener Wahl. Am häufigsten seien Hilfen für sauberes Trinkwasser, Bewässerung der Felder und Bildung angefordert worden.

Kaum wahrgenommen werde im Westen, dass Afghanistan nicht nur ein Drogenanbauland sei, sondern selbst viele Konsumenten habe: «Die afghanische Gesellschaft leidet extrem unter dem Drogenproblem», sagte Dube. Allein in Kabul gebe es 150 000 Heroinsüchtige - mit allen auch im Westen bekannten Folgen. Die Beschaffungskriminalität sei ein enormes Sicherheitsproblem, denn traditionell sei jeder Afghane bewaffnet. Zu den GTZ-Projekten gehört ein Programm in den Ost-Provinzen, mit dem den Bauern Alternativen zum Schlafmohnabau aufgezeigt werden. Viele bauten inzwischen Sonnenblumen zur Speiseölgewinnung oder Rosen zur Duftölherstellung an, berichtete Dube. Immerhin sei dort kein Zuwachs des Schlafmohn-Anbaus zu verzeichnen, sondern eher ein Rückgang.

Gespräch: Sabine Ränsch, dpa