Evangelischer Kirchentag Evangelischer Kirchentag: Merkel warnt vor Überheblichkeit im Umgang mit Afrika
Köln/dpa. - Zudem forderte Merkelweltweite soziale und ökologische Mindeststandards, um dieGlobalisierung erfolgreich zu gestalten. «Wir können unmöglich Afrikamit unserer europäischen Erfahrung etwas aufdrängen», sagte sie amSamstag beim Evangelischen Kirchentag in Köln einen Tag nach dem G8-Gipfel von Heiligendamm. Köhler warb bei dem Protestantentreffen fürein partnerschaftliches Verhältnis zwischen Europa und Afrika. Beider Entwicklungshilfe dürfe nicht «von oben nach unten» geschautwerden, sagte er.
Alt-Bundespräsident Richard von Weizsäcker sagte am Rande derVeranstaltung in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agenturdpa, der G8-Gipfel habe «in Bezug auf das Klima eine wirklicheWende» gebracht. «Gemessen am Widerstand, der bisher globaleGespräche über das Klima in den letzten Jahren nach dem Kyoto-Protokoll geprägt hat, sind wir einen deutlichen Schritt weitergekommen.» Auch das Gespräch zwischen US-Präsident George W. Bush unddem russischen Präsidenten Wladimir Putin sei «von besondererBedeutung» gewesen.
Ausgerechnet im katholisch geprägten Köln hat der EvangelischeKirchentag nach den Worten seines Präsidenten Reinhard Höppner «eineneue Qualität von Begeisterung» erfahren. «Und das lag sicher nichtnur am Wetter», sagte Höppner in seiner Bilanz des am Sonntagendenden Treffens. In Köln sei ein «ausgesprochen heiterer undfröhlicher Kirchentag» gelungen. «Es hat sich gezeigt, dassSpiritualität und Weltverantwortung zusammengehören.» In Anspielungauf die teils gewalttätigen Proteste gegen den G8-Gipfel sagte derrheinische Präses Nikolaus Schneider: «Unsere Waffen sind nichtPflastersteine und Molotow-Cocktails, sondern das lebendige undverändernde Wort Gottes.»
Bei einer Diskussion mit dem Friedensnobelpreisträger MuhammedYunus betonte Merkel, dass der G8-Gipfel nur «einer von ganz vielenSchritten» auf dem Weg zu einer gerechteren Weltwirtschaft gewesensei. «Wichtig ist doch: Kann ich aus vollem Herzen sagen, wir sindnach diesem Gipfel einen Schritt weiter, als wir es vorher waren? Daskann ich mit einem klaren "ja" beantworten.»
Merkel sprach sich dafür aus, das System der Mikrokredite fürKleinunternehmer - wie Yunus es in Bangladesch praktiziert - auch inAfrika zu etablieren. Umgesetzt werden könne dies aber nur mit Hilfeder Bevölkerung. «Die ärmsten Länder werden nur eineChance mit ihren Produkten haben, wenn sie faire Handelsbedingungenbekommen», sagte Merkel.
Yunus warb für einen zweistufigen Ansatz bei derEntwicklungsarbeit. Einerseits müsse die Bundesregierung ihre Hilfefortsetzen, andererseits sei auch das finanzielle Engagement derPrivatwirtschaft gefordert. Zudem böte es sich an, Hilfsprojektezunächst auf einzelne arme Länder zu konzentrieren.
Merkel hatte mit ihrem Auftritt beim Kirchentag Besuchermassenangezogen. Der Veranstaltungsort auf dem Kölner Messegelände warüberfüllt, auch vor den Eingängen zu der Halle drängten sich hunderteMenschen. Die Podiumsdiskussion geriet kurzzeitig ins Stocken, alsetwa ein Dutzend Besucher per Megafon ein Lied anstimmten. Die Störerwurden vom Publikum ausgebuht und von Ordnern aus dem Saal geleitet.