Reaktionen zur Europawahl Europawahl: "Einer der schlimmsten Abende in der SPD-Geschichte" - Reaktionen

Berlin - SPD-Chefin Andrea Nahles hat ein katastrophales Abschneiden ihrer Partei bei den Europawahlen eingestanden und versucht, den sozialdemokratischen Anhängern Mut zuzusprechen. „Ich möchte alle SPD-Mitglieder und unsere Anhänger ermutigen, selbstbewusst in die Zukunft zu schauen - auch wenn die Ergebnisse heute schmerzlich sind. Sie zeigen, dass wir noch viel zu tun haben“, sagte Nahles am Sonntag in Berlin. Die Partei habe es nicht geschafft, nach den schlechten Umfragen „das Ruder herumzureißen“.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sieht in dem Einbruch seiner Partei einen Tiefschlag. Es handele sich um einen der schlimmsten Abende in der SPD-Geschichte, sagte Weil, der auch niedersächsischer SPD-Chef ist, am Sonntagabend im NDR-Fernsehen. „Das ist ein schlimmer Abend, das ist ein trauriger Abend.“
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sprach nach den deutlichen Verlusten von einem „enttäuschenden Ergebnis“. „Das Ergebnis kann nicht ohne Folgen bleiben“, sagte er am Sonntagabend im ZDF. Er wandte sich aber gegen Personaldebatten. Es sei für die Wahlkämpfer der SPD irritierend gewesen, dass kurz vor dem Wahlsonntag Putschgerüchte gegen Nahles aufgekommen seien. „Das sind alles Rituale alter Politik, die müssen aufhören“, sagte Klingbeil. Er könne allen nur deutlich sagen, „hört auf mit diesen Spielen“.
Die SPD habe grundlegende Probleme bei strategischen Fragen und sei beim dominanten Thema Klimaschutz „nicht auf dem Platz gewesen“. Es sei aber richtig gewesen, im Wahlkampf stark auf soziale Themen gesetzt zu haben.
Der langjährige SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel fordert von Nahles sofortige Konsequenzen aus dem desaströsen Ergebnis. „In Berlin müssen jetzt diejenigen Verantwortung übernehmen, die den heutigen personellen und politischen Zustand in der SPD bewusst herbei geführt haben“, sagte Gabriel.
Ernüchterung bei Union
Der Spitzenkandidat der Konservativen bei der Europawahl, der CSU-Politiker Manfed Weber, begrüßte die gestiegene Wahlbeteiligung. „Die europäische Demokratie lebt“, sagte Weber am Sonntagabend auf der Wahlparty der CDU in Berlin zu der deutlich gewachsenen Wahlbeteiligung. Werber forderte nach der Wahl eine Stärkung des Europäischen Parlaments. Dieses müsse jetzt „maßgeblichen Einfluss auf Inhalte und Personalentscheidungen“ haben.
CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak reagierte mit Ernüchterung auf die Verluste der Union bei der Europawahl in Deutschland. „Das entspricht nicht unseren Ansprüchen“, sagte Ziemiak am Sonntag kurz nach den Prognosen im ZDF. Dennoch habe die Union, die bei der Abstimmung stärkste Kraft wurde, mit dem Wahlausgang ihren „Beitrag geleistet“, damit Manfred Weber (CSU) EU-Kommissionspräsident werden könne. Weber war als Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei, zu der CDU und CSU gehören, angetreten. Das Wahlergebnis sei für die Union Ansporn, die Arbeit in der großen Koalition fortzusetzen.
CDU-Bundesvize Armin Laschet hat das miserable Ergebnis seiner Partei bei der Europawahl als Weckruf bezeichnet und vor Personaldebatten gewarnt. Das Wahlergebnis sei Ausdruck des Engagements vieler Menschen für das Thema Klimaschutz gewesen. Es habe nichts damit zu tun, „wer wo wie Ämter geteilt hat“, sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident am Montag vor Beratungen der CDU-Spitze in Berlin auf die Frage, ob die Union in der Koalition mit SPD und mit einer zwischen Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) geteilten Verantwortung noch richtig aufgestellt sei. „Das ist ein Weckruf an die Politik, auch ein Auftrag, jetzt zu handeln“, sagte Laschet. Es sei eine sehr inhaltliche Wahl gewesen.
CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer sagte, bei der Regierungsarbeit habe es nicht die Dynamik und Überzeugung gegeben, die die Bürger erwarteten. Das Ergebnis bei der Wahl entspreche nicht dem Anspruch der Union als Volkspartei. Die Union habe aber ihr Wahlziel erreicht, stärkste Kraft zu werden.
AfD hatte „schwierigen Wahlkampf“
AfD-Chef Alexander Gauland hat von einem „schwierigen Wahlkampf“ für seine Partei bei der Europawahl gesprochen. Angesichts dessen sei er mit dem Ergebnis zufrieden, sagte er am Sonntagabend im ZDF. Nur wenn es am Ende nicht zweistellig ausfallen sollte, hätte er ein Problem. Gauland verwies unter anderem darauf, dass die Skandal-Videos um den österreichischen Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) der AfD den Wahlkampf erschwert hätten. Er betonte zugleich: „Die FPÖ ist unsere Schwesterpartei, mit ihr wollen wir zusammenarbeiten.“ Die AfD habe zudem erklären müssen, „warum wir uns in ein Parlament wählen lassen, das wir abschaffen wollen“.
Spitzenkandidat Jörg Meuthen sagte: „Wir gehen nach Brüssel, um die EU zu reparieren, um sie auf ihre Kernaufgaben zu reduzieren.“ Die AfD habe in Brüssel jetzt eine „bärenstarke Gruppe“.
(dpa)
