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Europäische Union Europäische Union: EU beschließt Auslieferungsabkommen mit den USA

06.06.2003, 12:52

Luxemburg/dpa. - Die USA bekommen künftig leichteren Zugriff auf Terroristen und andere Straftäter in Europa. Das sieht ein Rechtshilfe- und Auslieferungsabkommen der Europäischen Union mit den USA vor, dem die Justizminister der 15 EU-Staaten am Freitag nach monatelangen Verhandlungen zugestimmt haben. «Nach den Terroranschlägen vom 11. September hat sich gezeigt, wie wichtig es ist, dass Amerika und Europa bei der Strafverfolgung eng zusammenarbeiten», sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypris.

US-Präsident George W. Bush hatte ein solches Abkommen nach den Terrorangriffen auf die Wunschliste der Amerikaner gesetzt. Die nunmehr beschlossenen Bestimmungen gelten aber für alle Straftaten, die mit einem Jahr Haft oder mehr bestraft werden können. Sie schließen auch Auslieferung und Rechtshilfe in Richtung Europa ein. Die USA haben dem Text bereits zugestimmt. Er soll beim EU-USA-Gipfel am 25. Juni in Washington unterzeichnet werden.

Für die Europäer war bei dem Abkommen wesentlich, dass kein ausgelieferter Straftäter in den USA mit dem Tode bestraft wird. Ein Artikel des in Luxemburg beschlossenen Vertragstextes regelt dies entsprechend: Ein Staat darf die Auslieferung eines Verdächtigen demnach ablehnen, wenn die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe nicht auszuschließen ist. Bei der Rechtshilfe in Strafsachen darf ein Staat außerdem bestimmte Sicherheiten zum Schutz der übermittelten Daten verlangen.

Frankreich setzte in Nachverhandlungen mit US-Justizminister John Ashcroft eine Formulierung durch, die eine Anklage der Beschuldigten vor Sonder- oder Militärgerichten verhindern soll. «Wir haben einen Text erreicht, der uns besser erscheint», sagte der französische Justizminister Dominique Perben. Seine deutsche Kollegin Zypries sagte, für Deutschland seien Sondergerichte kein Problem gewesen. Ein 1978 geschlossenes Auslieferungsabkommen zwischen der Bundesrepublik und den USA enthalte dazu bereits Vorkehrungen.

Anders als beim europäischen Haftbefehl müssen die Vertragspartner beim Auslieferungsabkommen mit den USA keine eigenen Staatsbürger überstellen. «Frankreich liefert seine Staatsbürger nicht aus», sagte Perben. Zypries äußerte sich ähnlich. Die deutsche Ministerin betonte zudem, im Falle konkurrierender Auslieferungsbegehren entscheide jedes Land über deren Rangfolge. Die Auslieferung in ein EU-Land könne also Vorrang vor einem US-Ersuchen haben.

Der Franzose Perben meinte, Paris sei mit seinen Verbesserungswünschen zuletzt «völlig isoliert» gewesen. Allerdings habe das Europa-Parlament dann ähnliche Bedenken gegen den Text geäußert. Mit den erreichten Änderungen sei er aber sehr zufrieden, erklärte der Minister. Auch die Gefangenenorganisation Amnesty International hatte vor dem Beschluss von Schwachstellen im Vertragsentwurf gesprochen. So sei es denkbar, dass mutmaßliche Terroristen vor Militärgerichte gestellt würden.

Fortschritte erzielten die Minister nach eigenen Angaben auch in familienrechtlichen Fragen. Dabei ging es unter anderem um das Besuchsrecht geschiedener Eltern aus Ehen mit Partnern unterschiedlicher Staatsangehörigkeit. Bis Ende Juni 2004 sollten noch offene Fragen abschließend geklärt werden, sagte Zypries. Die schwierigen Verhandlungen zum geplanten Schengen-Abkommen mit der Schweiz sollen Thema des nächsten EU-Außenministertreffens werden.