Entführungsfall Jakob von Metzler Entführungsfall Jakob von Metzler: Daschner bestätigt Druck und bestreitet Folterdrohung

Frankfurt/Main/dpa. - Der frühere Frankfurter Polizei-Vizepräsident Wolfgang Daschner hat vor Gericht Folterdrohungen gegen den Mörder des Bankierssohns Jakob von Metzler bestritten. Zum Auftakt des Prozesses bestätigte der angeklagte Daschner aber, einenVernehmungsbeamten angewiesen zu haben, den Entführer Magnus Gäfgen auf «unmittelbaren Zwang» oder die Einnahme eines «Wahrheitsserums» vorzubereiten. Mit «Folter» habe das alles nicht zu tun, sagte Daschner am Donnerstag vor dem Frankfurter Landgericht. Ihm sei es ausschließlich um die Rettung des Kindes gegangen. Später stellte sich heraus, dass der entführte Junge zum Zeitpunkt des Verhörs am 1. Oktober 2002 bereits tot war.
Auch der ebenfalls angeklagte Vernehmungsbeamte bestritt, denTäter Gäfgen je mit Folter bedroht zu haben. In dem entscheidendenGespräch unter vier Augen habe er Gäfgen «emotional erreicht», sodass dieser das Versteck des bereits toten Jungen offenbarte, sagteder 51 Jahre alte Polizist. Beide Beamten müssen sich wegen schwererNötigung oder Anleitung dazu verantworten. Die Höchststrafe liegt beifünf Jahren Haft. Den weiter gehenden Vorwurf der Aussageerpressunghatte die Anklage fallen lassen.
Daschner wollte den Namen eines von ihm vorab informiertenVerantwortlichen im hessischen Innenministerium nicht nennen. Erwolle nicht noch weitere Menschen einer Kampagne aussetzen, die erund seine Familie seit 21 Monaten zu ertragen hätten, sagte der 61-Jährige. Die Möglichkeit des unmittelbaren Zwangs sei in dem Gesprächam Vorabend theoretisch erörtert worden. «Dies wurde zustimmend zurKenntnis genommen, rechtliche Bedenken gegen diese Überlegungenwurden nicht erhoben. Ich fand dadurch meine Rechtsauffassungbestätigt.»
In dem Prozess geht es um das Verhalten der Frankfurter Polizeigegenüber Gäfgen, der drei Tage nach der Entführung des ElfjährigenJakob festgenommen worden war. Der Jura-Student hatte das Lösegeldabgeholt und mehrere eindeutige Indizien in seiner Wohnunghinterlassen. Die Polizei suchte verzweifelt nach dem Versteck desentführten Jungen. Daschner ging nach seinen eigenen Worten davonaus, dass Jakob wegen Unterkühlung oder Flüssigkeitsmangel inhöchster Lebensgefahr schweben müsste. Nach dem Verhör führte Gäfgendie Polizei zum Leichenversteck in einem osthessischen See. In derkommenden Woche ist der zu lebenslanger Haft verurteilte Mörder alsZeuge im Prozess gegen Daschner geladen.
Der Polizei-Vize hat nach seiner eigenen Schilderung mehrfachvorgebrachte Bedenken anderer Polizisten gegen die Gewaltdrohungenzur Seite geschoben. Bereits wenige Stunden nach der Festnahme habeer von der Sonderkommission «Louisa» ein Konzept angefordert, das alsletztes Mittel den unmittelbaren Zwang beinhalten sollte. Am Morgenbefahl Daschner dem Vernehmungsbeamten, den Verdächtigen auf dieumstrittenen Mittel «vorzubereiten». Daschner lehnte den Begriff«Folter» für sein Vorgehen strikt ab. Eine Maßnahme von dieserIntensität sei zu keinem Zeitpunkt geplant gewesen.
