Ehe für alle Ehe für alle: Nach 31 Anläufen könnte die Gleichstellung endlich kommen

„30 Mal berührt, 30 Mal ist nichts passiert“, dichtete die Vorsitzende des Rechtsausschusses des Bundestags, Renate Künast, den Refrain des Klaus-Lage-Songs „1000 und eine Nacht“ um. Die Grünen-Politikerin hatte allen Grund, gut gelaunt zu sein: 30 Mal hat der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages die auch von ihr unterstützte Initiative für eine Ehe für alle mit der Mehrheit der großen Koalition vertagt.
Beim 31. Mal war alles anders. Der Ausschuss stimmte am Mittwoch mit den Stimmen von SPD, Grünen und Linken dafür, dass der Entwurf Thema im Plenum des Bundestages sein soll.
Letzte Hürden vor der Abstimmung
Damit wird das Parlament aller Voraussicht nach am Freitag über den Gesetzentwurf des Landes Rheinland-Pfalz zur Ehe für alle debattieren und auch abstimmen. Die letzte Hürde: SPD, Grüne und Linke müssen das Thema – gegen den Willen der Unions-Fraktion – am Freitagmorgen mit Mehrheit auf die Tagesordnung hieven. Dafür müssen die Abgeordneten vor allem eins sein: anwesend. Denn die drei Parteien kommen gemeinsam auf 320 der 630 Abgeordnetenstimmen im Bundestag. Eine breite Mehrheit ist das nicht.
Sobald das Gesetz tatsächlich auf der Tagesordnung steht, gilt eine Zustimmung der Mehrheit des Parlamentes als sicher. Denn dann werden zu den Abgeordneten von SPD und Opposition auch noch die Unions-Abgeordneten dazukommen, die unter Berufung auf ihr Gewissen – entgegen der Mehrheit in der eigenen Fraktion – für die Ehe für alle stimmen wollen.
SPD kritisiert Union – und umgekehrt
Die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Christine Lambrecht, kritisierte das Verhalten der Union als in sich nicht logisch und stringent. Einerseits habe die Kanzlerin zwar für die inhaltliche Entscheidung über das Gesetz den Fraktionszwang für die Unions-Abgeordneten aufgehoben. Andererseits seien dieselben Abgeordneten seitens ihrer Fraktionsführung gehalten, geschlossen dagegen zu stimmen, das Thema auf die Tagesordnung zu nehmen. „Einen größeren Widerspruch gibt es doch gar nicht“, sagte Lambrecht.
Erst in dieser Woche hatte sich abgezeichnet, dass es in dieser Legislaturperiode doch noch zu einer Abstimmung über das Gesetz zur Ehe für alle im Bundestag kommen wird. Bislang hatten die SPD gemeinsam mit der Union das Thema im Rechtsausschuss wieder und wieder vertagt. Der Grund: Im Koalitionsvertrag haben sich die beiden Parteien zwar darauf geeinigt, Diskriminierungen gegen Homosexuelle abzubauen. Die Einführung der Ehe für alle ist aber nicht vereinbart worden.
Ehe für alle ist großes Wahlkampfthema
Am Montagabend hatte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf einer Veranstaltung der Zeitschrift „Brigitte“ dann überraschend mit Blick auf die nächste Legislaturperiode gesagt, sie wünsche sich eine Debatte, die in Richtung Gewissensentscheidung gehe. Damit wollte Merkel es der SPD und der Opposition erschweren, im Wahlkampf mit dem Thema zu punkten. Die Sozialdemokraten allerdings reagierten blitzschnell und erklärten am Dienstagmorgen, das Thema unverzüglich anpacken zu wollen. „Eine Gewissensentscheidung hat ja kein zeitliches Limit“, sagte Kanzlerkandidat Martin Schulz. Es gebe keinen Grund, mit der Entscheidung bis nach der Wahl zu warten.
Die Kanzlerin kritisierte das Verhalten der SPD zwar in einer Unions-Fraktionssitzung nach Angaben von Teilnehmern als überfallartig, stellte aber den Abgeordneten frei, im Fall der Abstimmung nach ihrem Gewissen unterscheiden. Die Mehrheit der Union dürfte zwar gegen das Gesetz stimmen. Aber es gibt auch Befürworter der Ehe für alle in der Union.
Renate Künast jedenfalls sagte, sie rate schon mal allen Standesämtern, Personal aufzustocken.