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"Viele Fehlinformationen" DSGVO: Datenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff ruft Kritiker zu Gelassenheit auf

Von Melanie Reinsch 22.05.2018, 16:45
Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff
Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff dpa

Berlin - Nur noch wenige Tage, dann ist es so weit: Die europäische Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGV), die aktuelle viele Menschen verunsichert, tritt in Kraft. Genau genommen ist sie das schon seit zwei Jahren, aber ab Freitag verstreicht die Übergangsfrist – und ab dann können empfindliche Strafen drohen. Ziel der Datenschutzgrundverordnung ist mehr Kontrolle über die eigenen Daten zu erlangen. Sie gilt europaweit und ist bindend.

Verunsicherungen bei Bloggern und Verbänden

Die scharfen Sanktionen sorgen für Verunsicherung – vor allem bei Selbstständigen, Bloggern, Vereinen oder Verbänden. Bis zu 20 Millionen Euro oder bis zu vier Prozent des gesamten weltweiten Jahresumsatzes können bei Verstößen anfallen.

Doch die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff beruhigt: Die Aufsichtsbehörden würden ab dem 26. Mai nicht mit der „Registerkasse kommen“. „Die Bußgelder sind das letzte Mittel“, betonte Voßhoff am Dienstag in Berlin. Sie Aufsichtsbehörden hätten nicht die Aufgabe ab Freitag systematisch Bußgelder einzutreiben. „Es existieren aktuell viele Falsch- und Fehlinformationen“, sagte sie weiter. Jeder Fall sei ein Einzelfall. „Bei der Auswahl der Instrumente gilt das Prinzip der Verhältnismäßigkeit“, erklärte die Datenschutzbeauftragte. So ist zum Beispiel in Artikel 58 auch konkret von Verwarnungen die Rede, die eine Aufsichtsbehörde als Instrument zur Verfügung hat.

Man brauche daher keine Angst haben, wenn versehentlich beim Datenschutz mal etwas vergessen werde, sagte Voßhoff.

Sie lobte die Datenschutzgrundverordnung als „Meilenstein für den Datenschutz“. Denn dieser sei auch „ein Grundrechtsschutz“. Statt die Bürokratie in den Vordergrund zu stellen, solle man besser den Datenschutz nach vorne stellen, „auch angesichts des Facebook-Skandals“, sagte Voßhoff.

Abmahnvereine sollen stark kontrolliert werden

Doch sie gab zu bedenken, dass Abmahnanwälte sehr wohl ein Problem darstellen könnten. Man solle aber trotzdem erst einmal abwarten, wie sich die die neue Verordnung in der Praxis wirklich auswirke. Die Politik müsse sich darauf einstellen und handeln, wenn das missbräuchlich passiere, erklärte Voßhoff. Sie rief dazu auf, unseriöse Abmahnvereine verstärkt zu kontrollieren. In zwei Jahren soll die Verordnung evaluiert werden.
Voßhoff legte Unternehmen, Verbänden und Vereinen die Leitfäden und Handreichungen nahe, die es zum Beispiel auf den Webseiten der Landesdatenschutzbehörden gebe – teilweise auch nach Branchen und Sparten aufgeteilt.

Große Verunsicherung herrschte in den vergangenen Tagen zum Beispiel bei Fotografen. Sie befürchten, dass durch die neue Verordnung das Fotografieren im öffentlichen Raum zu Problemen führen könnte. Das Innenministerium hat dazu inzwischen Stellung genommen. Es erklärte, dass das Kunsturhebergesetz (KUG) nicht durch die neue Verordnung verdrängt werde. „Es sind keine Änderungen oder gar eine Aufhebung mit Blick auf die Datenschutz-Grundverordnung vorgesehen“, hieß es weiter.

Das KUG besagt unter anderem, dass Aufnahmen, auf denen Personen nur als Beiwerk zu sehen sind – zum Beispiel bei einem Konzert – auch ohne Einwilligung veröffentlicht werden dürfen. Auch Voßhoff erklärte, dass die DSGVO nichts an der bisherigen Rechtslage ändern werde.
Ab Freitag können sich Betroffene an den Datenschutzbeauftragten des datenverarbeitenden Unternehmens oder direkt an die Datenschutzbehörden des jeweiligen Bundeslandes wenden, wenn sie von einem Datenverstoß betroffen sind oder Daten gelöscht haben möchten - zum Beispiel, wenn sie im Nachhinein eine Einwilligung zurückziehen möchten.