Kommentar zum dritten Geschlecht Drittes Geschlecht: Diese Entscheidung darf nur ein Anfang sein

Jeder Mann stelle sich nur einmal vor, bei ihm wäre im Personenstandsregister „weiblich“ als Geschlecht eingetragen. Oder bei einer Frau „männlich“. Ansonsten bekämen beide noch das Angebot, dass stattdessen einfach gar nichts eingetragen sein sollte – eben nur nicht das tatsächliche Geschlecht. Ein absurder Vorschlag? Zweifellos. Aber genau das müssen Intersexuelle in Deutschland bislang ertragen.
Intersexuelle sind Menschen, die mit körperlichen Merkmalen geboren werden, die von der Medizin her als „geschlechtlich nicht eindeutig“ eingestuft werden. Es handelt sich um Menschen, die von den Hormonen und Chromosomen her anders sind als andere. Das ist schlicht eine weitere Variation der Natur. Viele dieser Menschen sagen ausdrücklich, dass sie sich nicht nur biologisch unterscheiden. Sie empfinden sich selbst eben auch nicht als Mann oder Frau.
Der Staat hat seiner Ignoranz gegenüber diesem Thema in der Vergangenheit dadurch Ausdruck verliehen, dass diese Menschen willkürlich jeweils als „männlich“ oder als „weiblich“ eingestuft wurden. Es handelte sich deshalb um einen Fortschritt, dass der Eintrag seit dem Jahr 2013 im Personenstandsregister zumindest offen bleiben durfte. Doch es war ein Fortschritt, der nur ein Zwischenschritt sein durfte.
Probleme gibt es weiter genug
Das Grundgesetz garantiert die Würde des Menschen und die freie Entfaltung der Persönlichkeit. Es verbietet die Diskriminierung wegen des Geschlechtes. Wer nicht Mann oder Frau ist, hat das Recht, vom Staat und der Gesellschaft anerkannt zu werden. Dazu gehört, die Dinge beim Namen zu nennen. Deshalb hat das Verfassungsgericht dem Gesetzgeber jetzt aufgetragen, eine Neuregelung zu finden. Der intersexuelle Kläger hat dafür einen Eintrag mit dem Begriff „inter/divers“ vorgeschlagen.
Das Verfassungsgericht stellt klar: Die Welt ist nicht nur eine zweigeschlechtliche. Diese juristische Anerkennung wird auf Dauer auch die gesellschaftliche Akzeptanz für die Vielfalt steigern. Probleme gibt es weiter genug. Amnesty International kritisiert, noch immer würden Kinder „ohne akute medizinische Notwendigkeit“ operiert oder behandelt, um sie dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zuzuordnen. Es braucht hier ein eindeutiges Stoppschild des Gesetzgebers.