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Dirk Hilbert ist Oberbürgermeister Dirk Hilbert ist Oberbürgermeister: Ein kleines Wunder in Dresden

Von Bernhard Honnigfort 06.07.2015, 18:04

Dresden - Wahrsagen kann der Mann, das hat er bewiesen. Zehn Punkte werde er am Ende vor seiner Konkurrentin abschneiden, hatte Dirk Hilbert, der neue Oberbürgermeister von Dresden, vor einer Woche verkündet. Genau so ist es gekommen: 54 zu 44.

Seit Sonntag hat die sächsische Landeshauptstadt ein Unikum als Oberbürgermeister: Einen FDP-Politiker, der einige Monate lang so tat, als gebe es diese Partei nicht, der als unabhängiger Kandidat ins Rennen zog – und es am Ende tatsächlich schaffte.

Ein kleines Wunder, er hat es vor allem der Schusseligkeit der Dresdner CDU zu verdanken. Sie war - aus welchen Gründen auch immer – mit einem eher unbekannten und unbeliebten Nicht-Dresdner in den Wahlkampf gezogen, dem Innenminister Markus Ulbig, und schon in Wahlgang eins gescheitert.

Die letzte Großstadt verloren

Die CDU hat mit Dresden ihre letzte Großstadt verloren. Sie musste sich dazu durchringen, Hilbert im zweiten Wahlgang zu unterstützen. Und der, seiner Stärke gewiss, war nicht einmal bereit, der Union vorher kleinste Zugeständnisse zu machen.

Nun hat er es geschafft, der „Teddybär“, so sein Spitzname unter Freunden und Kollegen. 43 Jahre alt, gebürtiger Dresdner, verheiratet mit einer Südkoreanerin, ein Sohn, Freund guter Rotweine.

Hilbert, der ein bisschen wie der Fernsehmann Oliver Welke aussieht, aber eindeutig nicht über dessen Schlagfertigkeit verfügt, ist seit Jahren ein fester Teil der Dresdner Kommunalpolitik. Gelernter Elektrofacharbeiter, Abendgymnasium und Abitur, studierter Wirtschaftsingenieur, seit 1990 in der FDP. 2001 wurde er Wirtschaftsbürgermeister.

Damals schaffte er es, sich den anderen Spitznamen zu erarbeiten, „Pannen-Hilbert“, den er aber bald wieder abgelegt hat. Damals verbrannte er sich die Finger, als er den Striezelmarkt in Dresden, den traditionellen Weihnachtsmarkt, komplett umorganisieren wollte, was man nicht tut, wenn man bei Trost ist. Aus Schaden und Spott wurde er klüger und vorsichtiger.

Die Sächsische Zeitung schrieb über ihn, er passe zu Dresden: „Irgendwie immer durchlavieren, keine klaren Positionen beziehen – nicht gegen Pegida, auch nicht gegen Neonazis...“ Er spreche vielen Dresdner offenbar aus der Seele, lieber zu bewahren als zu verändern.

Das Bild Dresdens in Deutschland

Das Urteil ist eine Spur zu hart. Was stimmt: Er ist kein Mann mit Visionen, er ist Pragmatiker und ein guter Moderator. Aber gegen die ausländerunfreundliche Wutbürgerbewegung Pegida hat Hilbert Stellung bezogen, sicher auch deshalb, weil er mit einer Ausländerin verheiratet ist.

Das Bild Dresdens in Deutschland und in der Welt wird vermutlich seine Hauptreparaturaufgabe als neuer Oberbürgermeister werden. Die Touristenzahlen sind erstmals deutlich zurückgegangen, auch dank Pegida.

Er weiß, wie Regieren geht

Hilbert weiß, wie Regieren geht. Er ist seit dem Frühjahr amtierender Oberbürgermeister, hat seine CDU-Vorgängerin Helma Orosz vertreten, die nach langer Krebserkrankung keine Kraft mehr hatte für eine weitere Amtszeit. Die Wahl gegen alle anderen hat er vor allem deshalb gewonnen, weil er Orosz anständig und geräuschlos vertreten hat.

Es wird kein leichtes Regieren, aber das gab es im Dresdner Rathaus noch nie. Die Mehrheit im Stadtrat stellen Linke, Grüne und die SPD. Denen wolle er es ungemütlich machen, hatte Hilbert vor der Wahl angekündigt. Aus Erfahrung sollte er wissen, dass die das anders herum auch können.