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Dieter Wiefelspütz Dieter Wiefelspütz: Der innenpolitische Sprecher der SPD geht in Rente

Von MARKUS DECKER 16.10.2011, 16:06

BERLIN/MZ. - Auf die Frage, wie denn noch mal sein Hund heiße, simste Dieter Wiefelspütz am Freitag um 13 Uhr 12: "Emma". Es handelt sich um einen Irish Terrier. Exakt 36 Sekunden darauf schickte er eine zweite SMS: "Sieht besser aus als ich."

Wer über den innenpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion sprechen will, der darf über Emma nicht schweigen. Der Hund ist ihm wichtig. Selbiges gilt, selbstredend noch mehr, für Wiefelspütz' Frau Ute, seine im Wortsinne bessere Hälfte. Der Satz - "Sieht besser aus als ich" - kennzeichnet einen Teil jenes selbstironischen Wesens, das den Mann aus Lünen zusammenhält und dem sich zuweilen ein Schuss Eitelkeit beimischt.

Nun ist Dieter Wiefelspütz im September 65 Jahre alt geworden und wird in der Fraktionssitzung am Dienstag nicht mehr für den Posten des innenpolitischen Sprechers kandidieren. 2013 tritt er auch bei der Bundestagswahl nicht erneut an. Damit enden 26 Jahre Parlamentsarbeit und eine kleine Ära. Wiefelspütz reitet der Abendsonne entgegen. Ute und Emma reiten mit.

Dem oberflächlichen Konsumenten von Politik sagt der Westfale wenig. Schließlich ist er nie Minister gewesen und mit keinem Skandal auffällig geworden. Allen anderen ist Wiefelspütz geläufig. Das hängt mit dem Namen - zuweilen als "Würfelspitz" verhohnepiepelt - und dem markanten Äußeren zusammen. Es hängt vor allem mit der Schlagzahl seiner Statements zusammen. Allein im MZ-Archiv finden sich seit 1992 exakt 331 Einträge. Ein echter Stammkunde.

Wiefelspütz hält den Betrieb am Laufen, wenn Angela Merkel und Sigmar Gabriel schlafen gegangen sind. Manche sagen, er sei "der Wolfgang Bosbach der SPD". Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU) nennt Wiefelspütz "witzig, geistreich und streitbar".

Die Karriere wurde Wiefelspütz nicht in die Wiege gelegt. Er besuchte zunächst die Realschule und wurde Buchhändler. Erst später holte der Sozialdemokrat das Abitur nach, studierte Jura und avancierte zum Richter. Bei Bosbach war es ähnlich. Auch er absolvierte den zweiten Bildungsweg; auch er hat einen Stich ins Kauzige. Abgesehen von Wiefelspütz' Humor, der heraussticht und an schlechten Tagen mit großem Ernst kontrastiert, hat der Innenpolitiker eine Mission. Er versteht sich als Hüter des Rechtsstaates. Sieht Wiefelspütz gravierende Missstände, geht er auf die Palme.

Das war so, als das Plagiat des ehemaligen Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ruchbar wurde; Wiefelspütz selbst hat 2002 als Mittfünfziger und aufrecht promoviert. Das ist aber auch so, wenn Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) bei der Vorratsdatenspeicherung nicht klein beigeben will, obwohl Kriminalität aus Wiefelspütz' Sicht ohne dieses Instrument nicht bekämpft werden kann, oder Bayern glaubt, mit dem Einsatz aggressiver Trojaner die Grenzen des Rechtsstaates in die andere Richtung ausdehnen zu müssen.

Der SPD-Politiker ist kein Ideologe, sondern ein eher rechtssozialdemokratischer Realpolitiker - und Individualist. Wo er Ideologie wittert, wird er ungemütlich.

Wo Wiefelspütz nicht ungemütlich wird, da widmet er sich als langjähriger Vorsitzender des Lüner SV dem Fußball (Bezirksliga), frönt an der Uni Düsseldorf der Rechtswissenschaft mit einem Lehrauftrag oder bevölkert mit Frau und Hund einsame Landschaften. Bei all dem erfüllt der Humor für Wiefelspütz übrigens stets einen guten Zweck. Er kann sein Innerstes dahinter verbergen.