Deutsch-türkische Beziehungen Deutschland und die Türkei: Außenminister Sigmar Gabriel und Mevlüt Cavusoglu treffen sich in Antalya.

Nach vielen Monaten des Streits mehren sich die Anzeichen für eine Entspannung in den deutsch-türkischen Beziehungen. Die Außenminister Sigmar Gabriel und Mevlüt Cavusoglu vereinbarten am Samstag bei einem überraschenden Treffen im südtürkischen Ferienort Antalya, den Dialog zwischen beiden Regierungen wieder zu vertiefen. „Wir haben jetzt nächste Schritte, wie wir weiter verfahren wollen, wie wir die Gespräche zwischen den Ministerien fortsetzen, welche Themen wir auf die Tagesordnung setzen“, sagte Gabriel anschließend der ARD.
Bei dem informellen Gespräch ging es nach Angaben des Auswärtigen Amts auch um „die schwierigen Themen“ in den bilateralen Beziehungen. Das Verhältnis beider Länder ist unter anderem wegen der Inhaftierung mehrerer Deutscher in der Türkei aus politischen Gründen schwer belastet. „Es ist eben die Aufgabe, in solchen Zeiten erstmal überhaupt wieder in vernünftige Gespräche zu kommen“, sagte Gabriel.
Treffen in Antalya
Der Außenminister - seit der Konstituierung des neuen Bundestags nur noch geschäftsführend im Amt - hatte die Türkei zuletzt vor fünf Monaten besucht und damals mit Cavusoglu in Ankara ein Krisengespräch geführt. Diesmal trafen sich die beiden in Antalya, einem bei deutschen Touristen beliebten Badeort, der auch zu Cavusoglus Wahlkreis zählt. Der 49-jährige Minister aus der AKP-Partei von Präsident Recep Tayyip Erdogan stammt aus dem Küstenort Alanya, 130 Kilometer von Antalya entfernt.
Die beiden Minister gaben das Treffen zunächst nur über gleichlautende Twitternachrichten bekannt. Auf den mitgesendeten Fotos sind sie beim Spaziergang durch einen Park zu sehen, später wurden auch Fernsehbilder davon verbreitet. Die Bilder sollen ganz offensichtlich ein weiteres Signal der Entspannung in den deutsch-türkischen Beziehungen senden.
Die ersten Anzeichen dafür hatte es bereits in den vergangenen Wochen gegeben. Cavusoglu hatte seine Bereitschaft zur Normalisierung der Beziehungen kurz nach der Bundestagswahl in einem „Spiegel“-Interview erklärt. „Es gibt keinen Grund für Probleme zwischen Deutschland und der Türkei“, sagte er Anfang Oktober. „Wenn Ihr einen Schritt auf uns zugeht, gehen wir zwei auf Euch zu.“
Neun deutsche politische Häftlinge
Am 25. Oktober kam dann der deutsche Menschenrechtler Peter Steudtner nach dreimonatiger Untersuchungshaft überraschend frei und durfte nach Deutschland ausreisen. Schon drei Tage vor ihm wurde eine weitere aus politischen Gründen inhaftierte Deutsche aus dem Gefängnis entlassen. Für sie gilt allerdings weiter eine Ausreisesperre. Nach Zählung der Bundesregierung gibt es damit jetzt noch neun deutsche politische Häftlinge in der Türkei, deren Freilassung sie fordert. Namentlich bekannt sind nur der Journalist Deniz Yücel und die Übersetzerin Mesale Tolu.
Steudtner und sein ebenfalls monatelang inhaftierter schwedischer Kollege Ali Gharavi äußerten sich im „Spiegel“ erstmals ausführlich zu den Haftbedingungen. Sie seien zwar nicht misshandelt, jedoch „ausgesprochen unfreundlich“ behandelt worden, sagten sie. Gelitten hätten sie im Hochsicherheitstrakt des Gefängnisses in Silivri nahe Istanbul vor allem unter der Isolation.
Außenpolitiker von SPD und Grünen begrüßten die Gabriel-Reise zwar als ein positives Zeichen, machten aber deutlich, dass es nur ein erster Schritt sein könne. „Richtige Entwarnung gibt es erst, wenn die Geiseln wieder freigelassen worden sind“, sagte der Grünen-Bundestagsabgeordnete Omid Nouripour der dpa. Ähnlich äußerte sich der SPD-Außenpolitiker Niels Annen.
Türkei fordert härteres Vorgehen gegen PKK
Die Türkei fordert von Deutschland ein härteres Vorgang gegen die als Terrororganisation verbotene türkische Arbeiterpartei PKK und die Bewegung des Predigers Fethullah Gülen, die von Ankara für den gescheiterten Putschversuch im vergangenen Jahr verantwortlich gemacht wird. Die Türkei hat mehrere Auslieferungsanträge wegen Terrorverdachts an Deutschland gestellt, wieviele ist unbekannt.
In Düsseldorf stoppte am Samstag die Polizei eine Demonstration mehrerer Tausend Kurden, weil zahlreiche verbotene Fahnen mit dem Bild des PKK-Anführers Abdullah Öcalan gezeigt und auch nach mehrfachen Aufforderungen nicht eingerollt wurden. Polizisten seien mit Fahnenstöcken attackiert worden und hätten daraufhin Pfefferspray eingesetzt, teilte die Polizei mit. Am Freitagabend hatte das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen die gängige Rechtspraxis ausdrücklich bestätigt, dass Demonstranten keine Fahnen oder Transparente mit Öcalan-Abbildungen zeigen dürfen.
Mitte September hatte ein Kurden-Festival in Köln die Türkei verärgert - auch, weil Öcalan-Fahnen gezeigt wurden. Deutschlands Botschafter wurde deswegen ins türkische Außenministerium zitiert. (dpa)