Der Spion am Telefon Der Spion am Telefon: Kommentar zur gescheiterten Whatsapp-Überwachung
Magdeburg - Sachsen-Anhalt modernisiert den Verfassungsschutz und trifft ein paar richtige Entscheidungen: Unter anderem, dass künftig Daten über 14-Jährige gespeichert werden dürfen, die bereits in die Fänge von Extremisten geraten sind. Im Rechtsextremismus und im Islamismus ist das notwendig geworden, Fanatiker rekrutieren Nachwuchs immer effektiver. Auch über moderne Medien, mit Vorliebe mithilfe des Smartphones.
An dieser Stelle hat die Verfassungsschutzreform aber eine Lücke: Entgegen aller Ankündigungen von Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) darf Sachsen-Anhalts Verfassungsschutz keine Handy-Messenger wie Whatsapp überwachen. Gefährder aller Extremismusbereiche können weiter von SMS auf verschlüsselte Chats wechseln, um dem Geheimdienst ein Schnippchen zu schlagen. Nach Lage der Dinge ist das zwar ein Sieg für den Datenschutz. Doch es bleibt zugleich ein unübersehbares Sicherheitsrisiko.
Denn bereits heute sind Behörden, auch der Inlandsgeheimdienst, zu häufig einen Schritt zu spät. Und es geht dabei nicht allein um die Rekrutierung junger Nazis und Dschihadisten. Extremisten organisieren sich massenweise über die Chats, ohne besonders viel Angst haben zu müssen - auch in Sachsen-Anhalt. Dem Verfassungsschutz fehlen die juristischen Mittel, selbst bei einem erheblichen Verdacht Chats mitzulesen.
Das muss sich in Zukunft ändern, will der Staat ernsthaft mit Kriminellen, Extremisten und Terroristen auf Augenhöhe bleiben. Ja, Mitlesen muss das letzte Mittel bleiben, die Maßnahmen sollten im Einzelfall immer durch einen Richter entschieden werden und zugleich muss auch der Verfassungsschutz selbst eng kontrolliert werden. Aber: Weiße Flecken ohne jede Zugriffsmöglichkeit sind gefährlich.
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