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Delmenhorst Delmenhorst: Entsteht eine «Nazischule» im «Hotel am Stadtpark»?

Von Oliver Pietschmann 15.08.2006, 08:42
Bürger demonstrieren in Delmenhorst gegen den Verkauf des Hotels Am Stadtpark (im Hintergrund) (Archivfoto vom 07.08.2006). (Foto: dpa)
Bürger demonstrieren in Delmenhorst gegen den Verkauf des Hotels Am Stadtpark (im Hintergrund) (Archivfoto vom 07.08.2006). (Foto: dpa) dpa dpa

Delmenhorst/dpa. - 3,4 Millionen Euro will der einschlägig in derrechtsextremen Szene bekannte Hamburger Rechtsanwalt Jürgen Riegerfür das leer stehende «Hotel am Stadtpark» im Zentrum von Delmenhorstausgeben. Die Stadtväter fürchten nun, dass die Gemeinde künftignicht mehr durch die Erfolg verwöhnte Popsängerin Sarah Connor,sondern durch dumpfe Parolen und Treffen rechter Kameradschaften undParteien in die Schlagzeilen gerät.

Mit Spendengeldern soll der Verkauf verhindert werden. Doch dieZeit wird knapp. Die bislang gesammelten Gelder reichen nicht einmalannähernd aus, um Riegers Plänen zu trotzen. Die Polizei siehtbereits jetzt düstere Zeiten auf Delmenhorst zukommen. DerPolizeivizepräsident der zuständigen Direktion in Oldenburg, DieterBuskohl, befürchtet im Falle eines Verkaufs an RiegerSachbeschädigungen, Großeinsätze und gewaltbereite Linksextremistenin dem knapp 80 000-Einwohner-Ort.

Rieger ist kein Unbekannter in der Region. Im Landkreis Verdenhatte er bereits den Heisenhof in Dörverden für die Wilhelm TietjenStiftung gekauft. Dort wollte er sein Schulungszentrum aufbauen. DerWiderstand des Landkreises und der Stadt machten ihm dort jedoch dasLeben schwer. Ein Vorbild für Delmenhorst, wo sich ebenfallsWiderstand formiert. Im Internet wird Geld gesammelt, es gibtDemonstrationen, Kundgebungen, Unterschriftensammlungen oder «Rockgegen Rechts» - alle Alarmglocken läuten. «Die Telefone stehen nichtmehr still, es herrscht Ausnahmezustand», sagt Stadtsprecher TimoFrers.

Denn Anfang August hatte Rieger sein Kaufinteresse für dieImmobilie bestätigt und von einer grundsätzlichen Einigung mit demEigentümer gesprochen. «Es besteht ein großer Bedarf an Räumen fürrechte Gruppen», hatte Rieger, Anwalt namhafter Extremististen wieMichael Kühnen oder Horst Mahler, seine Intention ohne Umschweifeerklärt und auch gleich einen Parteitag der rechtsextremen NPD insSpiel gebracht. Seitdem geht in Delmenhorst die Furcht vor einer«Nazischule» oder einem «Neonazi-Zentrum» um.

Rechtlich ist gegen den Verkauf nichts zu machen. «Man kann denbisherigen Eigentümer (...) nicht daran hindern, seine Immobilie zuveräußern», sagt Oberbürgermeister Carsten Schwettmann (CDU) und ruftauch seine Verwaltungsmitarbeiter zu Spenden auf. Insgesamt soll soviel Geld fließen, damit die Stadt die Immobilie kaufen kann. Bislangist auf dem Spendenbarometer aber noch nicht einmal die Millionen-Marge geknackt. Die Zeit läuft der Stadt davon, der Vertrag sollmöglicherweise noch in dieser Woche unterzeichnet werden.