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Debatte um Jugendstrafrecht Debatte um Jugendstrafrecht: Berliner Staatsanwalt wird versetzt

22.01.2008, 21:20

Berlin/dpa. - Die Intensivtäterabteilung bei der Berliner Staatsanwaltschaft hat einen neuen Leiter. Der Oberstaatsanwalt Ingo Kühn (45) löst den umstrittenen bisherigen Abteilungschef Roman Reusch ab, wie die Staatsanwaltschaft am Dienstag mitteilte.Oberstaatsanwalt Reusch war mit wiederholten Äußerungen über härtere Strafen für kriminelle Jugendliche aus Einwandererfamilien bei der Behördenspitze und Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) in Ungnade gefallen. Seine Ablösung war erwartet worden.

In einer Mitteilung der Staatsanwaltschaft hieß es, Reuschwechsele auf eigenen Wunsch in die Abteilung IV derGeneralstaatsanwaltschaft und werde dort vom kommenden Montag an fürBeschwerden gegen gerichtliche Entscheidungen, Haftvorlagesachen undBerichte an die Senatsverwaltung für Justiz zuständig sein. Kühnleitete bisher die Abteilung V für Verkehrsdelikte. Von der Auebegrüßte die Personalentscheidung und nannte Kühn einenhervorragenden Juristen und anerkannten Strafverfolger.

Erst am Wochenende hatte die mögliche Berufung eines früherenFunktionärs der rechtsradikalen Republikaner auf eine freie Stelle inin die Intensivtäterabteilung Wirbel in der Berliner Justizverursacht. Nach einem Zeitungsbericht über die geplante VersetzungRolf von Niewiteckis hatte die Justizsenatorin am Samstag dieBehördenspitze mit Generalstaatsanwalt Rolf Rother und dem Leiter derStaatsanwaltschaft, Andreas Behm, einbestellt.

Der Wechsel von Niewiteckis ist nun vom Tisch - ebenfalls aufeigenen Wunsch, wie es in der Mitteilung der Staatsanwaltschaft hieß.Von Niewitecki war in den 80er Jahren bei den Republikanern aktiv undwurde 1990 für einige Zeit stellvertretender BerlinerLandesvorsitzender.

Um Äußerungen von Reusch hatte es seit langem Streit gegeben.Zuletzt hatte er in einem Vortrag bei der CSU-nahen Hans-Seidel-Stiftung dafür plädiert, «ausländische Kriminelle außer Landes» zuschaffen. Debatten, ob Reusch versetzt werden sollte, hatten zum Teilheftige Reaktionen ausgelöst. Die CDU warf der Justizsenatorin vor,Reusch einen Maulkorb verpasst zu haben. Dem Juristen war eineTeilnahme an der ARD-Talkrunde «Hart aber fair» mit Frank Plasberguntersagt worden.

Der Berliner Generalstaatsanwalt erklärte jetzt, er habe gemeinsammit Reusch und Behm die Sachlage umfassend gewürdigt. «Dabei istübereinstimmend festgestellt worden, dass eine Situation eingetretenist, die es - teils auch der geführten öffentlichen Diskussiongeschuldet - angeraten erscheinen lässt, einen Wechsel an der Spitzeder Intensivtäterabteilung vorzunehmen, damit diese in den Standversetzt wird, ihre anerkannte und erfolgreiche Arbeit fortzusetzen»,heißt es in der Mitteilung.

Die Intensivtäterabteilung gilt als ein Vorzeigemodell derBerliner Justiz bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität. IhreStaatsanwälte widmen sich als Spezialisten ausschließlichJugendlichen und Heranwachsenden, die mehr als zehn Straftaten aufdem Konto haben.