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DDR-Geschichte DDR-Geschichte: Schönbohm schimpft wieder

Von BERNHARD HONNIGFORT 22.11.2009, 21:28

POTSDAM/MZ. - Heute macht Ex-Generalleutnant und Ex-Innenminister Jörg Schönbohm das anders: Der 72-jährige CDU-Politiker äußert sich abfällig in Interviews, am liebsten über Ostdeutsche.

"Verbreitete Stillosigkeit"

Nun hat er wieder zugeschlagen: "Es gibt eine verbreitete Stillosigkeit - im Umgang wie bei der Kleidung", analysierte Schönbohm das Auftreten der Ostdeutschen in einem Interview der Bild-Zeitung. "Eine Folge der Entbürgerlichung der DDR." Durch manche Behörden, so der frühere CDU-Vorsitzende von Brandenburg, wehe noch der Geist der DDR. Und überhaupt: "Dazu kommen die Folgen der Entchristlichung des Ostens. Nur jeder Fünfte ist Mitglied einer Kirche."

Es ist nicht das erste Mal. Der Mann, der 1937 im brandenburgischen Neu Golm auf die Welt kam, nach dem Krieg in der Bundesrepublik groß wurde, bei der Bundeswehr Karriere machte, nach 1990 die Nationale Volksarmee (NVA) in die Bundeswehr eingliederte und schließlich Politiker in Brandenburg wurde, er verdrischt gerne einmal den Ossi als solchen. Er mag das Land, aber vermutlich nicht die Leute.

Als 2005 im brandenburgischen Dörfchen Brieskow-Finkenheerd neun Babyleichen gefunden wurde, die die Mutter vergraben und versteckt hatte, da war das für Schönbohm mehr als ein schlimmes Verbrechen, nämlich eine Folge der Proletarisierung in der DDR. Nun ist die Aufregung wieder groß in Brandenburg.

"Schönbohm merkt nichts und spaltet weiter", sagt Kerstin Kaiser, Fraktionschefin der Linken. Und Klaus Ness, SPD-Generalsekretär, meint: "Dieses Interview bestätigt alle Vorurteile, die es in Ostdeutschland gegenüber Jörg Schönbohm gibt." Dass der frühere CDU-Landesvorsitzende den Ostdeutschen Stillosigkeit vorwerfe, zeige nur "den Ekel, den Schönbohm gegenüber den Menschen hier empfindet". Der Mann sei nicht als Aufbauhelfer nach Brandenburg gegangen, sondern "als Befreier, der nun tief traurig ist, dass die Menschen ihm für seinen Befreiungsakt nicht die Dankbarkeit entgegenbringen, die er erwartet" so Ness.

Schönbohm, der von 1999 bis zur Brandenburger Landtagswahl im Herbst dort Innenminister war, sprach zugleich der neuen Potsdamer Koalition von SPD und Linkspartei erneut die Glaubwürdigkeit ab. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) könne mit alten SED-Kadern keine neuen Fragen lösen, äußerte er. Koalitionen gehörten zwar zur Demokratie. "Aber dass bei der Linkspartei 20 Jahre nach dem Mauerfall so getan wird, als handele es sich um eine ganz normale Partei, verbittert mich schon", sagte er in dem Interview.

Brandenburgs CDU schweigt

Brandenburgs CDU, die Schönbohm bis 2007 als Vorsitzender führte, schweigt zu den Ausfällen. Es handele sich um eine persönliche Meinung von Herrn Schönbohm, der im Ruhestand sei, so die CDU. Im Dezember will Schönbohm seine Biografie vorstellen. Der Titel lässt ahnen. Er lautet: "Wilde Schwermut."