DDR-Geschichte DDR-Geschichte: Ex-LPG in Mecklenburg verkauft noch Segmente

Wischershausen/dpa. - Sie sind 3,60 Meter hoch und 2,8 Tonnenschwer - die Betonteile, die Berlin und damit auch Deutschlandteilten. 50 Jahre ist es nun her, dass die DDR am 13. August 1961 dieMauer um West-Berlin zog, zunächst aus Stacheldraht undEinzelsteinen, seit den 70-er Jahren mit diesen Betonteilen. Nach denResten des «antifaschistischen Schutzwalls» suchenHauptstadt-Touristen oft vergebens, auf Auktionen aber fanden sich inBerlin die sperrigen Teile bisher regelmäßig wieder.
Rund 100 von ihnen hat die Deutsche Grundstücksauktionen AG unterihrem langjährigen Vorstand Hans-Peter Plettner in 13 Jahrenverkauft. «Das ist aber jetzt vorbei, der Markt ist gesättigt», sagtPlettner. Dabei ist das Angebot durchaus noch da. Eine ehemalige LPGaus Vorpommern hat Plettners Firma nicht nur einen Großteil derVersteigerungsobjekte geliefert - die einstigeDDR-Agrargenossenschaft hat auf ihrem Gelände im Dorf Wischershausenauch einige von «Mauerspechten» bearbeitete Betonteile aufgestellt,um sie zu verkaufen.
«Die Teile lagen die letzten 20 Jahre verkehrt herum in einemFuttersilo, sie wurden kürzlich erst herausgeholt und deshalb istnoch soviel Sand dran», erzählt ein Dorfbewohner in Wischershausen,der seinen Namen nicht nennen mag. Er wolle keine Scherereien mit demGeschäftsführer des Landwirtschaftsbetriebes im benachbarten Breesen,dem die Teile gehören. Dieser hatte sich zu Beginn des Verkaufs nochzur ungewöhnlichen Geschichte «seiner» Mauerteile geäußert, jetztwill er aber keine Fragen mehr beantworten.
Die damalige LPG Pflanzenproduktion Breesen hatte nach dem Fallder Mauer 1990 gleich 600 solcher Betonsegmente von Berlin in denNordosten geholt - als preiswertes Baumaterial. Für 200 bezahlte siekurz vor der Währungsunion 1990 exakt 37 000 DDR-Mark. «Verkauf ausDemontage» steht auf der von den DDR-Grenztruppen ausgestelltenQuittung, die später in Auktionskatalogen abgebildet wurde.
Die «Winkelstützelemente Typ UL 12.41» standen auf 46 der 155Kilometer Grenze rund um das damalige West-Berlin. Eigentlich warensie für den Silobau entwickelt und an der Grenze nur zweckentfremdetverbaut worden, wie Landwirte mit DDR-Erfahrung zu berichten wissen.Viele der 45 000 Segmente wurden von 1990 an demontiert und zuSchotter verarbeitet.
Die Breesener entsannen sich des ursprünglichen Zwecks ihresSilo-Baumaterials erst Jahre nach dem Erwerb. Sie begannen dieBemalung der Mauerelemente wieder aufzufrischen und dietonnenschweren Teile in die Versteigerung zu geben. Allein die erstenvier brachten nach Angaben des Auktionshauses 7800 Euro. Ihreeinstigen Kosten dürfte die Agrarfirma längst wieder «drin haben».Auf Fragen, wie viele Mauerteile sie insgesamt wieder aus ihren Silosausgebaut und verkauft hat, mag man in Breesen inzwischen nicht mehrantworten.
«Sie haben aber schon öfter wieder angerufen und gefragt, ob wirfür sie noch weitere Mauerteile versteigern würden», berichtetPlettner. Denn die Nachfrage ist längst nicht mehr so groß wie in denfrühen Jahren nach dem Mauerfall.
Damals waren die Mauerteile noch weltweit begehrt. «Anfangs hat esKäufer aus Italien, Frankreich, der Schweiz und den USA gegeben undsogar aus dem Vatikan», erinnert sich Plettner. Dann holten sichbeispielsweise deutsche Hoteliers die Teile, um ihre Anwesensymbolträchtig zu dekorieren. Und während die versteigerten Teileanfangs aus dem Erbe der öffentlichen Hand stammten und «für bis zuumgerechnet 12 000 Euro pro Stück» weggingen, kamen Stücke ausprivater Hand, wie etwa der Breesener Agrarfirma, erst viel späterauf den Markt.
Zuletzt wurden in Berlin im Mai zwei Mauerteile versteigert. Abernur für eines fand sich ein Erwerber zum Mindestgebot von 2000 Euro.Mehr ist wohl nicht mehr zu holen, wie auch Plettner weiß. «DieStücke sind ja auch irre sperrig: Wer in München wohnt, muss fastdasselbe nochmal für den Transport bezahlen.»