DDR-Geschichte DDR-Geschichte: Ein schwieriges Präsent für Leipzig
Leipzig/ddp. - Die Kameras sind noch original, die Lampenauch. Und wer in das Gebäude hineingeht und sich links hält, derriecht die Geschichte sogar noch. Wenig wurde verändert in diesenehemaligen Räumen der Staatssicherheit: Das Büro eines ehemaligenhauptamtlichen Mitarbeiters riecht noch nach Linoleumboden undDDR-Akten, Honecker blickt durch seine Hornbrille von der Wand.
Draußen erinnert eine kleine Tafel an den ehemaligen Zweck desGebäudes. Eine sehr große Tafel von 8 mal 2,5 Metern soll bald anRevolution und Erstürmung des Stasi-Hauses am 4. Dezember 1989erinnern. Doch Leipzig tut sich damit, wie mit jedem Wende-Denkmal,schwer: Denn die Stadt soll ein Denkmal geschenkt bekommen, aus denUSA, und nicht nur der künstlerische Wert des Reliefs von MileyTucker-Frost aus Virginia ist umstritten.
Denn das ist eines der Probleme: Das Denkmal ist nur sehr Wenigenin der Stadt bisher bekannt. Lediglich ein Pappmodell wurde imKulturausschuss der Stadt gezeigt - und auch gleich wiederweggepackt. Die, die es gesehen haben, sind in ihrer Einschätzung,gelinde gesagt, unterschiedlicher Auffassung: Das Wort«amerikanischer Kitsch» fällt sehr schnell. Wer der Sacheaufgeschlossener gegenübersteht, umschreibt den künstlerischen Wertmit «naturalistisch».
Tobias Hollitzer vom «Bürgerkomitee Leipzig für die Auflösung derehemaligen Staatssicherheit», das in der «Runden Ecke» das Museumbetreibt, versucht zu beruhigen. Das Relief solle ja kein zentralesEinheitsdenkmal sein, sondern ausdrücklich nur an dieMassendemonstrationen in Leipzig erinnern. «Und für dieses Thema gibtes keinen geeigneteren Ort als die 'Runde Ecke'», sagt er. Er habezunächst der Idee auch mit Skepsis gegenübergestanden. Als erTucker-Frost dann aber kennengelernt habe, habe er sich überzeugenlassen. Die Künstlerin habe sich sehr intensiv mit dem Thema «Herbst89» auseinandergesetzt. «Plumper Antiamerikanismus ist hier völligfehl am Platz», betont Hollitzer. Er habe Tucker-Frost als «eineLernende» kennengelernt. Zudem koste das Projekt die Stadt keinenCent. Die Künstlerin werde in den USA selbst das Geld für das Reliefeinsammeln.
Kritik kommt, und das wundert nicht, von der Linken in Leipzig.Stadtchef Volker Külow, als «IM Ostap» einst selbst im Dienste derStaatssicherheit, stößt sich vor allem an der Art und Weise, wie dieDebatte geführt wurde. Nämlich gar nicht. Der KulturbeigeordneteGeorg Girardet habe das Relief vorgestellt und auch gleich deutlichgemacht, dass die Stadt es auch nehmen werde, kritisiert Külow.Grundsätzlich habe die Linke kein Problem mit einem Denkmal an der«Runden Ecke», «das ist ein historischer Ort», sagt Külow. «Aber mussman wirklich jedes Geschenk annehmen?» Die Stadt tue sich mit einemWerk wie diesem keinen Gefallen. Er selbst habe das Modell gesehen,das Werk sei ähnlich naiv wie die Künstlerin selbst.
Der Leipziger SPD-Bundestagsabgeordnete Gunter Weißgerber siehtdie Sache indes von der praktischen Seite. Weißgerber hatte sich imvergangenen Jahr mehrfach für die Aufstellung eines Einheitsdenkmalsin Leipzig statt in Berlin eingesetzt - und war schließlich wie vieleandere ostdeutsche Politiker und ehemalige Bürgerrechtler unterlegen.Er will das geschenkte Denkmal auch unter dem Aspekt, weil es den «2.Abschnitt» der Revolution verdeutliche. Im Herbst 1989 sei ja ebennoch gar nichts klar gewesen, sagt Weißgerber. Erst als am 4.Dezember - sechs Wochen vor Berlin - die Menschen die Stasi-Zentralein Leipzig stürmten, war klar, dass es kein Zurück mehr gebe. Und andiesen zweiten Teil der Geschichte werde viel zu wenig erinnert.