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Erhöhung des Wehretats CSU will deutlich mehr für Verteidigung ausgeben

Von Markus Decker 29.12.2017, 14:52
Die CSU strebt eine deutliche Erhöhung des Wehretats an.
Die CSU strebt eine deutliche Erhöhung des Wehretats an. dpa-Zentralbild

Der Widerspruch ließ nicht lange auf sich warten. „Was wir brauchen, sind Investitionen in Bildung, Familien und Infrastruktur und nicht in Aufrüstung“, sagte der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner am Freitag dieser Zeitung. Er reagierte damit auf die aktuelle Forderung der CSU, die Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts anzuheben – und damit auf 70 bis 80 Milliarden Euro jährlich. Zum Vergleich: Der Bundeshaushalt umfasst zirka 330 Milliarden Euro. Stegner steht mit seinem Widerspruch nicht allein.

Wie in jedem Jahr hat die CSU-Landesgruppe im Bundestag vor ihrer Winterklausur, die vom 4. bis 6. Januar in Kloster Seeon stattfindet und zu der auch der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán geladen ist, eine Beschlussvorlage geschrieben und an die Öffentlichkeit lanciert. Darin ist unter anderem von einer weiteren Stärkung der Außengrenzen der Europäischen Union gegen Flüchtlinge die Rede. Erst wenn diese tatsächlich gesichert sei, könnten Kontrollen innerhalb der EU wieder entfallen, heißt es.

Kontroverser ist eine weitere Forderung – nämlich die, den Verteidigungsetat wie von der Nato bereits im Jahr 2014 beschlossen auf zwei Prozent der Jahreswirtschaftsleistung aufzustocken. Deutschland liegt mit 1,2 Prozent derzeit deutlich hinter dieser Marke; das entspricht knapp 40 Milliarden Euro.

Ein höherer Etat soll die bestmögliche Ausrüstung ermöglichen

Für „ein sicheres Deutschland, das seiner europäischen und internationalen Verantwortung gerecht wird“, sei „eine schlagkräftige, moderne Bundeswehr“ nötig, verlautet es der Süddeutschen Zeitung zufolge in der Vorlage, die auf der Klausur beschlossen werden soll. Die „bestmögliche Ausrüstung, Ausbildung und Betreuung der Soldatinnen und Soldaten“ wie auch die Modernisierung der Bundeswehr kosteten Geld. Investitionen seien „in den Bereichen Digitalisierung, Verlege- und Transportfähigkeit, unbemannte Aufklärung und bewaffnungsfähige Drohnen sowie mobile taktische Kommunikation notwendig“. Deshalb müsse der Etat erhöht werden.

Der CDU-Verteidigungsexperte Patrick Sensburg äußerte sich auf Anfrage ähnlich. „Wir werden künftig mit der Bundeswehr nicht weniger Aufgaben wahrnehmen, sondern mehr“, sagte er dieser Zeitung. „Dazu brauchen wir eine entsprechende Ausrüstung.“ Nicht zuletzt bei den Lufttransportkapazitäten müssten die Streitkräfte nachbessern. Sensburg betonte außerdem, andere Länder in Europa würden es nicht verstehen, wenn Deutschland vom Zwei-Prozent-Ziel abrücke.

Für Bayern ist die Rüstungsindustrie sehr wichtig

Der SPD-Vorsitzende Martin Schulz hingegen hatte sich im Bundestagswahlkampf zwar ebenfalls für steigende Verteidigungsausgaben ausgesprochen, das Zwei-Prozent-Ziel allerdings „falsch und unsinnig“ genannt – während der damalige SPD-Außenminister und heutige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dem Ziel 2014 nicht widersprochen hatte.

Zumindest atmosphärisch belastet die CSU mit ihrer Beschlussvorlage die Sondierungsgespräche über eine neue Große Koalition, die direkt nach der Klausurtagung beginnen sollen. „Die CSU muss sich das für die nächste Alleinregierung aufheben, aber nicht für ernsthafte Verhandlungen mit der SPD“, erklärte SPD-Vize Stegner entsprechend. Solche Willensbekundungen taugten für CSU-Parteitage, „nicht für die Wirklichkeit. Das weiß die CSU auch.“ Der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich sagte, anscheinend würden „da jetzt noch mal die Backen aufgeblasen“. In der Sache wollte er die Forderung indes nicht kommentieren – eben mit Rücksicht auf die anstehende Sondierung. Die Chancen, dass Union und SPD sich auf eine Fortsetzung ihres seit 2013 bestehenden Bündnisses einigen, werden auf 50:50 taxiert. Gerade unter Sozialdemokraten gibt es zahlreiche Skeptiker.

Die Absichtserklärung der CSU dürfte neben politischen Gründen nicht zuletzt einen wirtschaftlichen Aspekt haben. Denn die Rüstungsindustrie ist in Bayern ausgesprochen stark. Schätzungen zufolge kommt etwa die Hälfte aller einschlägigen deutschen Exporte aus dem Freistaat. Weit über 20000 Menschen sind dort mit der Produktion von Waffen beschäftigt.