1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. CSU-Klausur: CSU-Klausur: Alexander Dobrindt ätzt gegen die 68er

CSU-Klausur CSU-Klausur: Alexander Dobrindt ätzt gegen die 68er

Von Daniela Vates 04.01.2018, 21:40
Andreas Scheuer (l.) und Alexander Dobrindt applaudieren CSU-Chef Horst Seehofer.
Andreas Scheuer (l.) und Alexander Dobrindt applaudieren CSU-Chef Horst Seehofer. dpa

Seeon - Horst Seehofer sieht ein bisschen müde aus, aber er ist erstmal ja noch gar nicht dran. Als erster spricht Alexander Dobrindt und das Neue an ihm ist, dass er seine Brille abgelegt hat, die er nun ein paar Jahre getragen hat als Verkehrsminister. Dobrindt sagt, man habe sich hier nun versammelt zu einem „Gipfeltreffen der bürgerlich-konservativen Politik“. Vielleicht braucht man dafür keine Brille.

Dobrindt hat Gäste eingeladen – auch Victor Orban

Das so genannte Gipfeltreffen findet in einem ehemaligen Kloster nahe des Chiemsees statt. Mönche gibt es hier schon seit über 200 Jahren nicht mehr, dafür Hochzeitsmessen und Konzerte. Und in diesen Tagen kommen hier die 46 CSU-Bundestagsabgeordneten im ehemaligen Repräsentationssaal des Klosterabts zu ihrer Jahresauftaktklausur zusammen, mit der sie sich regelmäßig die Schlagzeilen in der eher nachrichtenarmen Zeit des Jahresanfangs sichert.

Dobrindt ist mittlerweile nicht mehr Minister, sondern der Chef der Parlamentariertruppe, und weil er die Abgeordneten alleine noch nicht als Gipfeltreffen begreift, hat er noch ein paar Gäste geladen. Den britischen Wirtschaftsminister Greg Clark zum Beispiel und den ungarischen Ministerpräsidenten Victor Orban - ein EU-Aussteiger und ein Regierungschef, der Pressefreiheit, Justiz und Nicht-Regierungsorganisationen einschränkt also. Das ist also ein bürgerlich-konservatives Gipfeltreffen nach dem Geschmack von Dobrindt. Möglicherweise ist es eine der letzten Dienstreisen Clarks, in britischen Medien wird über seine Ablösung spekuliert.

Die nächste CSU-Generation

Passt auch irgendwie zur CSU, auch Seehofer, der gerade immer noch schweigend neben Dobrindt sinniert, wird bald gehen müssen. Dobrindt ist die nächste Generation der CSU. Und er hat sich etwas vorgenommen. Er nennt es „bürgerliche Revolution“, eine ganze Seite hat er dazu in dem der Zeitung „Die Welt“ geschrieben, deren Verleger Matthias Döpfner auch zu den Gästen der CSU gehört.

„Fünfzig Jahre nach 1968 wird es Zeit für eine bürgerlich konservative Wende in Deutschland“, schreibt Dobrindt. Die Aktivisten der 68-er Generation seien eine Elitenbewegung gewesen, „keine Bürger-, Arbeiter- oder Volksbewegung“. Seither bestimmten sie die öffentliche Debatte in einem „ideologischen Feldzug gegen das Bürgertum“, mit „sozialdemokratischem Etatismus und grünem Verbotismus“. Patriotismus, Familie, Sicherheit und Privateigentum wirft Dobrindt dann als Begriffe in die Debatte, die es zu schützen gelte und auch die Freiheit.

Erst einmal muss Dobrindt mit den Abgeordneten sprechen

Welche Freiheit er denn bedroht sehe, wird Dobrindt gefragt vor seinem Gipfeltreffen. Er antwortet, darüber werde er nun mal mit seinen Abgeordneten reden. Zur Sicherheit wiederholt er: „Deutschland ist keine linke Republik.“ Und er richtet das auch an die SPD, mit denen gerade über eine Regierungsbildung verhandelt wird. Am Sonntag beginnen die Sondierungsgespräche, davor gibt es Vorgespräche, Seehofer wird dazu schon am Freitagabend nach Berlin fahren. Auch am Mittwoch hat man schon miteinander gesprochen und alle haben danach zumindest mal ein freundliches Gesicht gemacht.

Die SPD dürfe „nicht nur Themen aus der sozialistischen Klamottenkiste“ herausholen, sagt nun Dobrindt in der Rolle des Nicht-so-Freundlichen.

„Wir müssen gar nichts verschrotten“

Und da ist dann der Einsatz für Seehofer, der für die CSU die Verhandlungen mit CDU und SPD leitet. Er sei zuversichtlich, dass erneut eine große Koalition gebildet werden könne, sagt er. Und schränkt ein: „Wenn der Koalitionspartner in der Sache nicht überzieht.“ Das Überziehen kann der CSU in der Eigenwahrnehmung natürlich nicht passieren. Muss die CSU auch ein paar Themen aus der konservativen Klamottenkiste verschrotten? „Wir müssen gar nichts verschrotten“, sagt Seehofer. „Wir sind eine Partei des Fortschritts.“

Der Parteichef und Gerade-Noch-Ministerpräsident macht dann aber doch noch ein Zugeständnis an die SPD. Die Forderungen der CSU-Landesgruppe zu Flüchtlings- und Europapolitik, formuliert in Thesenpapieren für die Klausurtagung, hatten in den vergangenen Tagen für Ärger in der SPD gesorgt. Es sei doch „eine pure Selbstverständlichkeit, dass man bei Klausuren Positionen verdichtet“, sagt Seehofer. Der polternde Dobrindt bekommt zu hören, dass man ihn nicht ganz so ernst nehmen sollte: „Das ist doch die Pflicht vom Alexander“, sagt Seehofer. „Machen Sie sich keine Sorgen um Berlin.“ Am Nachmittag hat Dobrindt seine Brille wieder aufgesetzt.