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China tief verärgert über Dalai-Lama-Besuch bei Merkel

23.09.2007, 16:03

Berlin/dpa. - Der Dalai Lama sieht seine guten Beziehungen zur deutschen Bundeskanzlerin nach einem Treffen mit Angela Merkel bestätigt.

Er sei froh, dass die CDU-Politikerin «die alte Freundschaft» bewahrt habe, sagte das geistige Oberhaupt der Tibeter nach einem rund einstündigen Gespräch mit Merkel im Berliner Kanzleramt. Häufig gebe es Menschen, die in hohen Positionen eine erstaunliche Distanz aufbauten. Merkel gehöre nicht dazu, sagte der Dalai Lama.

Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hatte den Dalai Lama ins Kanzleramt begleitet, wo hunderte Schaulustige warteten. «Deutschland kann stolz darauf sein, dass es eine Kanzlerin hat, die sich nicht unter Druck setzen lässt und der Menschenrechtsfragen wichtig sind, in welchen Regionen dieser Welt auch immer», sagte er nach dem Treffen.

Merkel hat dem Dalai Lama ihre Unterstützung bei seinen Bemühungen um die Wahrung der kulturellen Identität Tibets zugesichert. Sie habe auch die Politik des gewaltlosen Strebens nach religiöser und kultureller Autonomie des geistigen Oberhaupts der Tibeter gewürdigt, erklärte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm nach dem Gespräch.

Für das Treffen hatte die Kanzlerin massive Spannungen in den deutsch-chinesischen Beziehungen in Kauf genommen. Peking sagte einen für Sonntag in München geplanten zweitägigen deutsch-chinesischen «Rechtsstaatsdialog» unter Hinweis auf «technische Gründe» kurzfristig ab. Das chinesische Außenministerium hatte gefordert, dem Dalai Lama, die Einreise nach Deutschland nicht zu erlauben.

Zuvor hatte der Dalai Lama Merkel gewürdigt. «Was ich an Frau Merkel schätze, ist ihr standhaftes Eintreten für Menschenrechtsfragen und Religionsfreiheit und ihr Engagement für die Umwelt», sagte das geistige Oberhaupt der Tibeter der «Süddeutschen Zeitung» kurz vor seinem Treffen mit der Kanzlerin in Berlin. Er sei glücklich über die Einladung. «Mein Hauptziel ist die Förderung von menschlichen Werten und religiöser Harmonie.»

Das chinesische Außenministerium hatte Deutschland in der vergangenen Woche aufgefordert, dem Dalai Lama den Besuch nicht zu erlauben. Ein für diesen Sonntag in München geplanter deutsch-chinesischer «Rechtsstaatsdialog» wurde kurzfristig von chinesischer Seite abgesagt, bestätigte das Bundesjustizministerium. Als Grund für die Absage des zweitägigen Symposiums - unter anderem mit Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) und chinesischen Regierungsvertretern - wurden «technische Gründe» angegeben.

China hatte Deutschland aufgefordert, die «allgemeinen Interessen der deutsch-chinesischen Beziehungen» zu berücksichtigen und dem geistigen Oberhaupt der Tibeter nicht zu erlauben, Deutschland zu besuchen. Es solle von jedem Kontakt mit ihm abgesehen werden, um die chinesisch-deutschen Beziehungen nicht zu untergraben.

Seit Jahren treffen sich in diesem Rahmen deutsche und chinesische Regierungsvertreter. 1999 hatte die rot-grüne Regierung China einen umfassenden Dialog über Fragen des Rechtsstaats vorgeschlagen. Ihr Ziel war, durch besseres Verständnis für die jeweils andere Tradition und Kultur einen gemeinsamen Beitrag zu rechtsstaatlichem Denken und Handeln zu leisten, «das eine Respektierung der Menschenrechte einschließt».

Die Kritik Chinas schießt nach Worten des Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), «weit über das Ziel hinaus». «Die Reaktion aus Peking ist nicht unerwartet, aber ebenso unberechtigt», sagte er der Deutschen Presse-Agentur dpa in Berlin. Gerade wegen der Kritik aus Peking sei es richtig, dass Merkel «die Eiertänze, die andere Bundesregierungen früher um diese Frage gemacht haben, nicht wiederholt». Mit dem Empfang des Dalai Lama setze Merkel ein Signal dafür, dass Deutschland die Entwicklung in Tibet nicht gleichgültig sei und sich Sorgen über die tibetische Kultur und die Lage der Menschenrechte in diesem Teil Chinas mache.

Es ist das erste Treffen zwischen einem deutschen Regierungschef und dem Dalai Lama, der seit 1959 im indischen Exil lebt. Die chinesische Armee war 1951 in Tibet einmarschiert. Seitdem betrachtet Peking die Region als Teil Chinas.

Der Dalai Lama sagte, zwar hätten es die früheren Bundeskanzler vermieden, ihn zu treffen. «Aber diese lange Periode ohne direkten Kontakt zur politischen Führung in Deutschland bedeutet ja nicht, dass mich auch die deutsche Öffentlichkeit vergessen hat.» Er glaube nicht, dass sein Besuch die chinesisch-deutschen Beziehungen nachhaltig schädige. «Die Chinesen testen nur ihre Grenzen aus.» Er warf der Führung in Peking «Arroganz der Macht» vor. Peking gehe den einfachsten Weg. «Und der bedeutet Unterdrückung.»

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) forderte eine Abkoppelung der deutschen Entwicklungshilfe von wirtschaftlichen Interessen des Staates. «Entwicklungshilfe an China darf es beispielsweise nicht geben, solange Peking die Menschenrechte missachtet und versucht, selbst den Besuch des Dalai Lama in Deutschland zu unterbinden», sagte GfbV-Generalsekretär Tilman Zülch in Göttingen.