Chile Chile: Steht «Colonia Dignidad» vor Ende?

Santiago de Chile/dpa. - Die Einsetzung eines Verwalters bei der berüchtigten ehemaligen Deutschen-Siedlung «Colonia Dignidad» imSüden Chiles hat nach Einschätzung lokaler Medien das Ende derEnklave eingeläutet. Viele der noch 250 deutschstämmigen Siedler, vorallem die älteren, wollten die landwirtschaftliche Anlage verlassenund nach Deutschland zurückkehren, schrieb die Zeitung «Mercurio» amSonntag. Die Richterin Ximena Pérez hatte am Freitag die Einsetzungeines Verwalters angeordnet.
Sie ermittelt unter anderem wegen des Vorwurfs der Bildung einerillegalen Vereinigung sowie wegen Betruges und Verletzung desArbeitsrechts gegen ehemals führende Mitglieder der Enklave, darunterauch deren Gründer Paul Schäfer. Die «Colonia Dignidad» hatte 1991ihren juristischen Status verloren und nennt sich seither «VillaBaviera». Der Verwalter soll dafür sorgen, dass die Siedlervollständig in die chilenische Gesellschaft integriert werden undalle Bürgerrechte in Anspruch nehmen können.
Die «Colonia Dignidad» war 1962 von Schäfer gegründet worden, derwie ein Diktator über die Siedler herrschte. Die Anlage war ein Staatim Staate. Während der Diktatur von General Augusto Pinochet (1973-1990) soll sie auch als Folterzentrum gedient haben. Vor kurzem warenTeile von Autos Verschwundener sowie Waffenlager auf dem Gelände derColonia ausgegraben worden. Schäfer, dem auch sexueller MissbrauchMinderjähriger vorgeworfen wird, sitzt seit seiner Verhaftung im Märzbei Buenos Aires und sofortigen Abschiebung in Chile inUntersuchungshaft.