Bundeswehr Bundeswehr: Folter, Leichenschändungen und rechtsradikale Exzesse
Hamburg/AFP. - Gleich wegen mehrerer dubioser Vorfälle sind die Zustände bei der Bundeswehr erneut in den Blickpunkt geraten. In Afghanistan wurde ein Soldat auf bisher ungeklärte Weise durch die Kugel eines Kameraden getötet, von dem Segelschulschiff «Gorch Fock» werden eine angebliche «Meuterei» und massiver Druck auf Kadetten gemeldet. Die Vorkommnisse bringen auch Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) in die Kritik. In der Vergangenheit machte die Bundeswehr schon häufiger durch Zwischenfälle und Exzesse von sich reden:
ENTWÜRDIGENDE AUFNAHMERITUALE: Anfang 2010 geraten Hochgebirgsjäger aus dem bayerischen Mittenwald in die Schlagzeilen. Durch die Beschwerde eines Soldaten wird bekannt, dass eine Einheit des Eliteverbands offenbar über Jahre hinweg entwürdigende Rituale praktizierte. Soldaten mussten bis zum Erbrechen Alkohol trinken und rohe Schweineleber essen, um in der Gruppen-Hierarchie zu bestehen.
RASSISTISCHES VIDEO: 2007 sorgt ein im Internet verbreitetes Video aus einer Bundeswehr-Kaserne im schleswig-holsteinischen Rendsburg für Aufsehen, auf dem ein Ausbilder einen Rekruten beim Schießtraining mit rassistischen Sprüchen aufstachelt. Er hatte den Wehrdienstleistenden aufgefordert, er solle sich vorstellen, auf Schwarze im New Yorker Stadtteil Bronx feuern und diese dabei mit dem Schimpfwort «Motherfucker» titulieren. Das Video wird auch in den USA heftig kritisiert.
TOTENSCHÄDEL-FOTOS: Im Herbst 2006 gelangen Fotos an die Öffentlichkeit, auf denen Bundeswehr-Soldaten in Afghanistan mit menschlichen Totenschädeln und Knochen aus einem Gräberfeld posieren. Die Bilder von den Leichenschändungen, die 2003 und 2004 entstanden waren, lösen in Deutschland und Afghanistan helle Empörung aus. Die Bundeswehr identifizierte im Zuge ihrer Ermittlungen rund ein Dutzend Beteiligte - darunter auch Angehörige der Gebirgsjäger aus Mittenwald. Die Bilder entstanden in einer Kiesgrube bei Kabul, in der früher sowjetische Soldaten beerdigt worden waren. Diese hielten Afghanistan bis 1989 besetzt. Die Grube wurde von Bundeswehr-Angehörigen offenbar öfters als Attraktion besucht.
REKRUTEN-FOLTER: Drastische Übergriffe bei der Rekrutenausbildung in einer Kaserne im nordrhein-westfälischen Coesfeld kommen 2004 ans Licht. Bei der Grundausbildung von Wehrpflichtigen hatten Vorgesetzte Übungen abgehalten, bei denen sie Stromstöße verabreichten, Scheinhinrichtungen vollzogen und ihren Untergebenen mit einer Kübelspritze gewaltsam Wasser in den Mund pumpten. Die Vorfälle lösen eine wochenlange Debatte um die Zustände in der Bundeswehr aus. 2007 und 2008 verurteilt das Landgericht Münster insgesamt acht Soldaten wegen gefährlicher Körperverletzung oder entwürdigender Behandlung zu Bewährungs- und Geldstrafen. Mehrere Urteile hebt der Bundesgerichtshof aber 2009 wieder auf.
VERGEWALTIGUNGS-FILM: Im Sommer 1997 wird ein Skandal-Video bekannt, auf dem Soldaten eine Vergewaltigung, eine Kreuzigung und eine Hinrichtung nachstellen. Der Film entstand 1996 auf dem Truppenübungsplatz Hammelburg in Bayern, wo sich Soldaten einer Einheit aus Schneeberg (Sachsen) auf einen Auslandseinsatz in Bosnien vorbereiteten.
RECHTSRADIKALE EXZESSE: 1997 erschüttern mehrere rechtsradikale Vorfälle die Bundeswehr. Im März macht eine Gruppe bewaffneter Soldaten in der Fußgängerzone von Detmold (Nordrhein-Westfalen) Jagd auf Ausländer. Die Rekruten schlagen einen 16-jährigen Italiener und zwei türkische Jungen zusammen. Im Herbst kommt ein weiteres Video ans Licht, auf dem Soldaten der Schneeberger Bundeswehr-Einheit mit Hitler-Grüßen, einem «Interview zur Judenvernichtung» und ausländerfeindlichen Sprüchen verewigt sind. Auch aus Kasernen in Varel (Niedersachsen) und Altenstadt (Bayern) werden rechtsradikale Praktiken gemeldet.