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Bundeswehr Bundeswehr: Ausbilder räumen Fehler in Coesfeld ein

27.11.2004, 16:56
Bundeswehr-Rekruten beim Gelöbnis. (Foto: dpa)
Bundeswehr-Rekruten beim Gelöbnis. (Foto: dpa) dpa

Berlin/dpa. - Im Skandal um Misshandlungen von Bundeswehr-Soldaten haben Ausbilder Fehler eingeräumt, die Vorwürfe aber alsübertrieben bezeichnet. Zugleich geriet Verteidigungsminister PeterStruck (SPD) wegen seiner scharfen Drohungen bei den Beschuldigten indie Kritik. Die Vorfälle im münsterländischen Coesfeld sind nachAngaben des zuständigen Ermittlers inzwischen weitgehend aufgeklärt.

Laut «Spiegel» wurden mindestens vier junge Soldaten beifingierten «Geiselbefragungen» mit Stromstößen gequält. EinemRekruten hätten Ausbilder eine Zigarette im Nacken ausgedrückt.Zahlreiche Ausbilder seien während der Exzesse alkoholisiert gewesen.Nach Informationen der Zeitung «Die Welt» geht dasVerteidigungsministerium mittlerweile von 30 Tätern aus.

Hinweise aus der Westfalen-Kaserne in Ahlen, wo es auch zurMisshandlung von Soldaten gekommen sein soll, werden ebenfallsuntersucht. Details zu Art und Umfang der Quälereien sind noch nichtbekannt.

Ein Unteroffizier der Coesfelder Kompanie sagte der «Bild»-Zeitung(Samstag): «Die meisten von uns haben nichts falsch gemacht.» Erbetonte jedoch: «Die Rekruten mit Stromstößen zu quälen war falsch.»Im Magazin «Focus» räumte ein Ausbilder ein, dass jungen Soldatenwährend einer simulierten Geiselnahme die Augen mit Halstüchernverbunden und die Hände mit Kabelbindern zusammengeschnürt wordensein. «Es wurde aber immer gefragt, ob die Fesseln zu fest wären -sonst hätten wir sie gelockert», sagte der Mann.

Nach Darstellung eines Coesfelder Rekruten haben sich viele derMisshandelten in einer internen Besprechung nach der umstrittenenÜbung bei ihren Ausbildern beklagt. «Der Unteroffizier hat sich mitdem Argument gewehrt, er sei auf seinen Auslandseinsatz auch sovorbereitet worden. Wir sollten doch froh sein, dass wir so eine guteGrundausbildung bekommen», sagte der junge Mann dem «Kölner Stadt-Anzeiger» (Samstag).

Verteidigungsminister Struck ordnete eine Überprüfung in dergesamten Bundeswehr an. In einem Gastbeitrag für die «Bild amSonntag» drohte er an, Vorstöße unnachgiebig zu ahnden: «Ausbilder,die Untergebene misshandeln, haben in der Bundeswehr nichts zusuchen. Sie müssen ihren Rock ausziehen.»

Die Beschuldigten fühlen sich im Stich gelassen: «Der Grundsatz,im Zweifel für den Angeklagten, gilt für den Minister nicht: Er sagteinfach, wir werden alle rausgeschmissen», sagte ein Soldat der«Bild». Ein inzwischen vom Dienst suspendierter Mann sagte «Focus»:«Mich ärgert, das wir jetzt alle in einen Topf geschmissen werden.»Ein anderer warf dem Minister vor, «dass er vorschnell urteilt unddie Ermittlungen nicht abwartet».

Der zuständige Ermittler, General Ernst-Heinrich Lutz, sieht dieCoesfelder Vorfälle weitgehend aufgeklärt. «Zu den Misshandlungen istes an vier Tagen im Juni und August während der Gefechtsausbildunggekommen», sagte der Chef des Heerestruppenkommandos den «Ruhr-Nachrichten» (Samstag). «Das waren eigenmächtige Handlungen derVorgesetzten ohne jede Befehlsgrundlage von höherer Stelle.»