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Themen, Machtwechsel, Kandidaten Bundestagswahl: Themen, Machtwechsel, Kandidaten: Ein Rückblick auf die Wahlen seit 1949

13.09.2017, 19:00
Bundeskanzler Konrad Adenauer (l) 1961 im Bonner Bundestag bei der Abgabe seiner Stimme. Adenauer wird an diesem Tag bei einer geheimen Wahl mit 258 Stimmen zum vierten Mal wiedergewählt.
Bundeskanzler Konrad Adenauer (l) 1961 im Bonner Bundestag bei der Abgabe seiner Stimme. Adenauer wird an diesem Tag bei einer geheimen Wahl mit 258 Stimmen zum vierten Mal wiedergewählt. dpa

Alle Augen richten sich auf den 24. September. Doch wie war das bei früheren Bundestagswahlen? Worum wurde gestritten? Und wer gewann am Ende? Ein Rückblick.

1949 – Harter Wahlkampf mit knappem Ausgang

Vier Jahre nach Kriegsende liegt Deutschland noch am Boden. Aber die Basis für einen Aufschwung ist im Westen mit Marshallplan und Währungsreform bereits gelegt. Der beginnende Kalte Krieg hat die Ost-West-Spaltung jedoch vertieft, die Angst vor „den Russen“ ist groß. Nach einem harten Wahlkampf setzt sich Konrad Adenauer (CDU), der Spitzenkandidat der neu gegründeten Unionsparteien, 1949 mit knapper Mehrheit durch. Der erste Bundeskanzler prägt Westdeutschland bis 1963.

Die SPD sieht sich bereits als führende Kraft des Neuaufbaus. Doch ihr Vorsitzender Kurt Schumacher unterschätzt die Konkurrenten und ihr Aushängeschild Adenauer. Der rückt die SPD in die Nähe der Kommunisten. Wahllokomotive der Unionsparteien ist Wirtschaftsexperte Ludwig Erhard. Mit ihm setzt die Union auf das Modell einer sozialen Marktwirtschaft und eine Anbindung an den Westen. Die SPD will eine regulierte Planwirtschaft und hält an der Gestaltung Deutschlands als Gesamtstaat fest.

Wahlergebnis am 14. August 1949 (keine bundesweite Sperrklausel):

1953 – Adenauers Sieg zementiert des Westkurs

Ähnlich wie heute scheint 1953 die Bundestagswahl in den Umfragen schon vorher gelaufen zu sein. Doch am Abend des 6. September übertrifft das Ergebnis alle Erwartungen: Die Union erringt einen triumphalen Sieg. Der bereits 77-jährige Kanzler Konrad Adenauer (CDU) kann seinen Kurs der Westbindung fortsetzen und absichern.
Nicht zuletzt der DDR-Volksaufstand vom 17. Juni kommt ihm im Wahlkampf zugute. Unter dem Eindruck der von Sowjetpanzern niedergewalzten Proteste warnt die Kanzlerpartei mit einer drastischen Parole vor der SPD: „Alle Wege des Marxismus führen nach Moskau!“ Als Garant für wachsenden Wohlstand wird Ludwig Erhards soziale Marktwirtschaft gepriesen.

Dem haben die Sozialdemokraten wenig entgegenzusetzen. Ihr Kanzlerkandidat und Parteichef Erich Ollenhauer gilt als farblose Gestalt. Auch der Slogan „Deutsche Einheit. Darum SPD“ verfängt angesichts der Ereignisse in der DDR nicht.

Wahlergebnis am 6. September 1953 (erstmals 2 Stimmen, bundesweite Sperrklausel)

1957 – „Keine Experimente“-Slogan beschert Adenauer absolute Mehrheit

„Keine Experimente! Konrad Adenauer.“ Der Slogan ist schlicht und der Kanzler schon 81. Und dennoch: Die CDU/CSU erringt bei der Bundestagswahl 1957 erst- und einmalig die absolute Mehrheit. Das einstige französische Saarprotektorat darf jetzt mitwählen.

Der Patriarch Adenauer setzt erfolgreich darauf, dass die Westdeutschen die Erfolge des Wirtschaftswunders und seine Politik der Westbindung nicht aufs Spiel setzen wollen. Wie 1953 spielt ihm die Angst vor dem Kommunismus in die Hände. Die Niederschlagung des Ungarnaufstands durch die Sowjetunion 1956 belebt sie neu. Ein Sieg der SPD würde den „Untergang Deutschlands“ bedeuten, warnt Adenauer im Wahlkampf.

Der SPD-Slogan „Hör' auf Deine Frau - wähl' SPD“ zündet nicht. Die Partei und ihr Kandidat Erich Ollenhauer können mit der Forderung nach einem Nato-Austritt und der Warnung vor Atomwaffen wenig ausrichten. Auch ihre Zustimmung zu Adenauers Rentenreform von Anfang 1957 honorieren die Wähler nicht.

Wahlergebnis am 15. September 1957

1961 – Adenauer wird zum Kanzler auf Abruf

Es ist der Anfang vom Ende einer 14-jährigen Ära. Bei der Wahl am 17. September 1961 kann Konrad Adenauer (CDU) seine Kanzlerschaft ein letztes Mal verteidigen - allerdings nur befristet. In Koalitionsgesprächen mit der FDP muss sich der schon 85-Jährige verpflichten, nach zwei Jahren zurückzutreten. Erstmals gibt es nur noch drei Fraktionen im Parlament.

Der Wahlkampf wird in der Schlussphase vom Bau der Berliner Mauer überschattet. Adenauer besucht die geteilte Stadt erst neun Tage später. Das wird ihm ebenso verübelt wie seine öffentlichen Hinweise auf die Exiljahre und die uneheliche Geburt seines SPD-Herausforderers Willy Brandt („Brandt alias Frahm“).

Die Vollbeschäftigung mit unter einem Prozent Arbeitslosigkeit kommt der Union kaum zugute. Brandt, der populäre Regierende Bürgermeister von Berlin, soll den Eindruck von Jugend und Erneuerung vermitteln. Seine Partei hat sich 1959 auf den Weg von der Arbeiter- zur Volkspartei gemacht.

Wahlergebnis am 17. September 1961

1965 – „Volkskanzler“ Erhard als Übergangsfigur

Ludwig Erhard, seit 1963 Konrad Adenauers ungeliebter Nachfolger, präsentiert sich den Wählern 1965 als „Volkskanzler“. Wochenlang haben Meinungsumfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem SPD-Kontrahenten Willy Brandt vorausgesagt. Die Popularität des CDU-Politikers als „Vater des Wirtschaftswunders“ zahlt sich jedoch am Wahltag ein letztes Mal aus. Er regiert weiter mit der FDP. Bereits ein Jahr später drängt ihn die eigene Partei aus dem Amt.

Zentrales Thema der SPD ist eine „neue Ostpolitik“ der kleinen Schritte. Für Brandt und einen Regierungswechsel setzen sich viele Prominente aus Literatur und Kunst ein. Erhard nennt sie verächtlich „Banausen“ und „Pinscher“. Sie hätten von „Tuten und Blasen keine Ahnung“. Erhards Nimbus als Garant des Wohlstands sichert der Union das bis dato zweitbeste Ergebnis.

Wahlergebnis am 19. September 1965

1969 – Machtwechsel und Kehrtwende

Es ist ein spannender Wahlkrimi. Als am 28. September 1969 spätabends feststeht, dass die rechtsextreme NPD an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert ist, bietet SPD-Kanzlerkandidat Willy Brandt FDP-Chef Walter Scheel ein Regierungsbündnis an. Sein „Wir machen es“ ist der Startschuss zur ersten sozialliberalen Koalition. Der seit 1966 amtierende Kanzler der ersten großen Koalition von Union und SPD, Kurt Georg Kiesinger (CDU), nimmt schon siegessicher die Glückwünsche von US-Präsident Richard Nixon entgegen.

Bereits seit März 1969 gibt es heftigen Streit zwischen den Regierungsparteien. SPD-Mann Gustav Heinemann sieht in seiner Wahl zum Bundespräsidenten mit Stimmen der FDP und gegen die Union „ein Stück Machtwechsel“. Die SPD wirbt mit den Erfolgen ihres Außenministers Willy Brandt und gemeinsam mit der FDP für Reformen. Die Union stellt den in Umfragen beliebteren Kiesinger ganz in den Mittelpunkt ihrer Kampagne: „Auf den Kanzler kommt es an.“ Die FDP kann mit dem Versprechen „Wir schaffen die alten Zöpfe ab“ nicht punkten.

Wahlergebnis am 28. September 1969

Wähler bestätigen Brandts Ostpolitik

1972 – Wähler bestätigen Brandts Ostpolitik

Im erbitterten Streit über die Ostverträge der sozialliberalen Regierung verlieren SPD und FDP im Mai 1972 durch Übertritte ihre Mehrheit im Bundestag. Im November kommt es zu einer vorgezogenen Wahl. Die Koalition gewinnt, die SPD wird erstmals stärkste Fraktion. Wegen einer Spionageaffäre tritt Willy Brandt (SPD) allerdings schon 1974 als Kanzler zurück.

Die von der sozialliberalen Koalition umgekrempelte Ostpolitik ist das alles beherrschende und polarisierende Wahlkampfthema. Bereits im April 1972 hat die Union vergeblich versucht, Brandt mit einem Misstrauensvotum zu stürzen und CDU-Chef Rainer Barzel zum Kanzler zu wählen.

Besonders umworben sind die vielen Erstwähler, die schon im Alter von 18 Jahren mitentscheiden dürfen. Schriftsteller und Künstler eilen dem charismatischen Brandt erneut zu Hilfe: „Willy wählen!“ Die Union setzt mit Barzel auf den Slogan „Fortschritt und Stabilität“, die FDP auf „Vorfahrt für Vernunft“.

Wahlergebnis am 19. November 1972

1976 – Kohl scheitert nur knapp gegen Schmidt

Freiheit statt Sozialismus“ - mit diesem polarisierenden Slogan sagt die Union im Wahlkampf 1976 der sozialliberalen Koalition unter Helmut Schmidt (SPD) den Kampf an. Für sie tritt erstmals der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Helmut Kohl (CDU) als Kanzlerkandidat an. Im Oktober kann sich die rot-gelbe Koalition knapp behaupten.
Angesichts anhaltender Konjunkturflaute infolge der Ölkrise und hoher Arbeitslosigkeit setzt die SPD auf das Macher-Image des Wirtschaftsexperten Schmidt. Er hat 1974 den über die Guillaume-Affäre gestürzten Willy Brandt als Kanzler abgelöst.

Die Rote Armee Fraktion (RAF) hält die Republik in Atem, entsprechend groß ist das Thema Innere Sicherheit. Daneben bestimmen die Renten-, Steuer- und Finanzpolitik den Wahlkampf. Die Rezession hat große Löcher in die öffentlichen Kassen gerissen, die Finanzierung des Sozialstaats wird schwieriger. Dennoch fehlt es an zündenden Themen, die wie Brandts Ostpolitik vier Jahre zuvor alle bewegten.

Wahlergebnis am 3. Oktober 1976:

1980 – Schmidt behauptet sich gegen Strauß

Das Ergebnis der Wahl im Oktober 1980 rettet die sozialliberale Koalition von Kanzler Helmut Schmidt (SPD) in die nächste Wahlperiode. Der Sieg über den Unionskandidaten Franz Josef Strauß (CSU) währt aber nicht lange - schon 1982 zerbricht das Bündnis. Die FDP wechselt zur CDU/CSU von Helmut Kohl.

Der Wahlkampf ist auf die beiden Spitzenkandidaten konzentriert. Schmidt gilt als Krisenmanager, außen- wie innenpolitisch. Als treibende Kraft der Nachrüstung mit Mittelstreckenraketen stößt er in der eigenen Partei jedoch auf Vorbehalte.

Strauß, der „Frieden und Freiheit“ verspricht, polarisiert wegen einer Reihe von früheren Skandalen. Die Kampagne „Stoppt Strauß“ mobilisiert die Wähler der Regierungsparteien. Der Bayer fährt das schlechteste Ergebnis der Union nach 1953 ein. Klar zulegen können nur die Liberalen.

Wahlergebnis am 5. Oktober 1980

Kohl wird bestätigt

Der neue Bundeskanzler ist noch kein halbes Jahr im Amt, doch Helmut Kohls (CDU) Kalkül geht auf. Um eineinhalb Jahre wird die Bundestagswahl vorgezogen, auf März 1983, und seine Union wird klar bestätigt. Sein Herausforderer Hans-Jochen Vogel (SPD) verzeichnet deutliche Verluste. Erstmals ziehen die Grünen ins Parlament ein.
Vorausgegangen war der Bruch der sozialliberalen Regierung, der im Oktober 1982 mit der Abwahl von Kanzler Helmut Schmidt (SPD) durch ein konstruktives Misstrauensvotum endgültig vollzogen ist. Schwere wirtschafts- und finanzpolitische Differenzen sowie der Nato-Doppelbeschluss haben das Bündnis zerrüttet. Koalitionspartner FDP wechselt die Seiten und verhilft Kohl ins Kanzleramt. Dessen gewollt verlorene Vertrauensfrage führt zur gewünschten Neuwahl.

Die gesellschaftliche Stimmung ist angespannt. Die Zahl der Arbeitslosen übersteigt erstmals die Zwei-Millionen-Marke. Die Gewerkschaften demonstrieren gegen „soziale Demontage“. Die USA und die Sowjetunion rüsten mit immer mehr Atomwaffen auf, in der Bundesrepublik sollen US-Mittelstreckenraketen stationiert werden. Entsprechend hart ist der Wahlkampf.

Wahlergebnis am 6. März 1983

1987 – Kohl ist angeschlagen

Die Koalition von Union und FDP schreibt sich vor der Bundestagswahl 1987 eine Reihe von Erfolgen zu, der Wahlkampf-Slogan der Christdemokraten lautet schlicht „Weiter so, Deutschland“. Mit einem harten Sparkurs hat die Regierung den Haushalt konsolidiert, die Wirtschaft wächst. Trotz eigener Verluste kann die Union dann auch mit der FDP unter Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) weiterregieren.
Pannen und Peinlichkeiten haben zuvor das Image von Kohl geschwächt. In Wahlumfragen schneidet er deutlich schlechter ab als SPD-Herausforderer Johannes Rau. Auch in Unionsreihen halten sich Zweifel, ob der Pfälzer der richtige Mann ist.

Der Wahlkampf der Sozialdemokraten ist auf „Bruder Johannes“ zugeschnitten, Nordrhein-Westfalens populären Regierungschef. Rau will „versöhnen statt spalten“ und fordert mehr Gerechtigkeit, weniger „soziale Kälte“.

Neben der hohen Arbeitslosigkeit ist die Umweltpolitik ein zentrales Thema. Aufgeschreckt haben 1986 der Super-GAU im ukrainischen Atomkraftwerk Tschernobyl und die Verseuchung des Rheins nach einem Brand im Schweizer Chemiekonzern Sandoz.

Wahlergebnis am 25. Januar 1987

1990 – SPD chancenlos gegen Kohl

Bei der ersten gesamtdeutschen Wahl im Dezember 1990 läuft die Kanzlerkandidatur von Oskar Lafontaine (SPD) von Anfang an holprig. Mit seinen Warnungen vor einer schnellen Wiedervereinigung unterschätzt er die Einheitseuphorie. Amtsinhaber Helmut Kohl (CDU) siegt deutlich, auch mit dem Versprechen von „blühenden Landschaften“ im Osten. Er holt die Ostdeutsche und spätere Kanzlerin Angela Merkel an seinen Bonner Kabinettstisch.

Viele Argumente sind bereits vor der Wiedervereinigung im Oktober ausgetauscht. Hauptstreitpunkt ist die Finanzierung der Einheit. Lafontaine warnt vor explodierenden Kosten, steigender Staatsverschuldung und unausweichlichen Steuererhöhungen. Kohl verkündet optimistisch: „Gemeinsam schaffen wir das!“

Sein Koalitionspartner FDP verlangt, „im vereinten Deutschland die Chancen zu sehen“. Die skeptischen Grünen („Alle reden von Deutschland. Wir reden vom Wetter“) und die damalige PDS kommen nur wegen der in West und Ost getrennten Wahlgebiete in den Bundestag.

Wahlergebnis am 2. Dezember 1990 (nach West und Ost getrennte Wahlgebiete zusammen)

Der Newcomer Schröder

1994 – Knapper Sieg für Schwarz-Gelb

Die wirtschaftliche Entwicklung und soziale Sicherheit in Ost und West bestimmen den Wahlkampf 1994. Bei der zweiten gesamtdeutschen Bundestagswahl sichert Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) seiner schwarz-gelben Koalition den Machterhalt, allerdings nur knapp. Er zeigt sich froh, noch einmal davongekommen zu sein: „Mehrheit ist Mehrheit!“ Die SPD schickt den rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Rudolf Scharping als vierten Kanzlerkandidaten seit 1983 gegen Kohl ins Rennen und gewinnt leicht hinzu.

„Sicher in die Zukunft. CDU“ lautet die selbstbewusste Parole der Kanzler-Partei. Doch zu Jahresbeginn sehen Umfragen die Union bei unter 35 Prozent. Auch Koalitionspartner FDP muss zittern. FDP-Chef Klaus Kinkel meint mit Blick auf den Kanzler: „Der Dicke schafft es nicht allein.“ Die wirtschaftlichen Probleme beim Aufbau Ost und die weit mehr als drei Millionen Arbeitslosen sind nicht wegzudiskutieren. Noch Mitte des Jahres liegt SPD-Kanzlerkandidat Scharping bei den Sympathiewerten deutlich vor Kohl.

Wahlergebnis am 16. Oktober 1994

1998 – Newcomer Schröder und das Ende der Ära Kohl

Historischer Machtwechsel nach 16 Jahren: 1998 beendet SPD-Herausforderer Gerhard Schröder die lange Kanzlerschaft von Helmut Kohl (CDU). Viele hatten ihre ganze Jugend unter dem Einheitskanzler erlebt. Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik war es zuvor einem Kandidaten der Opposition gelungen, den amtierenden Kanzler aus dem Amt zu drängen. Allein an Kohl waren vier SPD-Herausforderer gescheitert: Hans-Jochen Vogel, Johannes Rau, Oskar Lafontaine und Rudolf Scharping.

Bereits im Wahlkampf deutet sich nun ein Machtwechsel an. In den Umfragen liegt Niedersachsens Ministerpräsident Schröder durchgehend vorn. Er setzt auf das Motto „Veränderung ohne Risiko“. Kohls Wahlslogan „Sicherheit statt Risiko“ verpufft.

Der Wahlsieg der SPD mit ihrem Spitzenmann Schröder ist auch eine krachende Abwahl Kohls. Nach 16 Jahren hatten die Bürger genug vom Einheitskanzler - trotz seiner Verdienste für die deutsche Vereinigung und die Europapolitik. Fortan regiert Rot-Grün.

Wahlergebnis am 27. September 1998

2002 – Schröder rettet sich mit Irak-Kriegs-Nein

Nach dem fulminanten Sieg gegen Helmut Kohl dauert es nicht einmal eine Legislaturperiode - und Rot-Grün hat die Sympathie der Wähler schon wieder verloren. Die hohe Arbeitslosigkeit - mehr als vier Millionen Erwerbslose - hängt an SPD-Kanzler Gerhard Schröder 2002 wie ein Klotz am Bein. Den Grünen wiederum läuft im Streit um Auslandseinsätze der Bundeswehr die Basis weg.

Der Herausforderer, Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU), hat sich den Job im Ringen mit CDU-Chefin Angela Merkel gesichert: beim legendären Frühstück in Wolfratshausen. Er gilt als dröge, erreicht mit seinem Wirtschaftskurs aber Umfragewerte über 40 Prozent.
Mit zwei Schachzügen kann Schröder das Blatt wenden: Bei der Flutkatastrophe in Ostdeutschland demonstriert er in Gummistiefeln und Regenjacke Tatkraft. Und sein Nein zu einer deutschen Beteiligung an einem möglichen Irak-Krieg verärgert zwar die Amerikaner, freut aber die Wähler daheim. Am Wahlabend liegen Union und SPD gleichauf, doch die Sozialdemokraten erhalten noch drei Überhangmandate.

Wahlergebnis am 22. September 2002

2005 – Merkel übernimmt das Kanzleramt

Am Abend des 18. September 2005 ist klar: SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder und Rot-Grün können nicht weiterregieren. Auch für die Spitzenkandidatin der Union, Angela Merkel (CDU), reicht es nicht für ein Wunschbündnis mit den Liberalen. So bleibt am Ende nur die Bildung einer großen Koalition unter Merkel als erster Frau an der Spitze.

Schröder hat die vorzeitige Neuwahl herbeigeführt, weil die eigene Partei nach der verlorenen Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen gegen seine Arbeitsmarkt-„Agenda 2010“ aufbegehrt. Sein Wahlkampf konzentriert sich bald auf das „ungerechte“ Steuermodell des Finanzexperten Paul Kirchhof aus Merkels Team. Nach einem TV-Duell mit Merkel steigen die SPD-Umfragewerte zunächst sprunghaft. „Deutschland braucht den Wechsel“, verlangt die Union wegen der hohen Arbeitslosigkeit.

Noch am Wahlabend gibt sich der knapp unterlegene Schröder in der TV-„Elefantenrunde“ siegessicher. Merkel könne nicht Kanzlerin werden: „Nun wollen wir doch die Kirche auch mal im Dorf lassen.“

Wahlergebnis am 18. September 2005

2009 – SPD mit historischer Pleite

Am 27. September 2009 geht der Plan von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) voll auf. Sie kann mit ihrem Wunschpartner FDP eine schwarz-gelbe Regierung bilden. Die SPD erleidet bei der Bundestagswahl eine historische Niederlage. Wie die FDP erzielen Linke und Grüne Rekordergebnisse.

Nach vier Jahren gemeinsamer Regierungsarbeit führen Merkel und ihr SPD-Herausforderer Frank-Walter Steinmeier einen eher zurückhaltenden Wahlkampf. Beide loben die vier Jahre der gemeinsamen Regierungsarbeit zur Bewältigung der internationalen Wirtschafts- und Finanzkrise - „unter meiner Führung“, wie Merkel betont.

Ihr Noch-Vizekanzler empfiehlt sich in einem Fernsehduell als „bessere Alternative“ und verlangt einen „Neustart“. Mit einer Abkehr vom ehemals wirtschaftsliberalen Programm nimmt die CDU-Chefin der SPD und Steinmeier aber die Argumente. In der Kanzlerfrage rangiert Merkel zweistellig vor ihrem Konkurrenten.

Wahlergebnis am 27. September 2009

2013 – Merkel auf dem Zenit, FDP fliegt aus dem Bundestag

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will es bei der Bundestagswahl 2013 ein drittes Mal wissen. Die SPD schickt als Rivalen den einstigen Finanzminister Peer Steinbrück ins Rennen. Die Sozialdemokraten erholen sich allerdings nur leicht von ihrem Allzeittief aus dem Jahr 2009. Weil Merkels bisheriger Partner FDP spektakulär scheitert und erstmals aus dem Bundestag ausscheidet, kommt es wie 2005 zu einer großen Koalition unter Merkel.

Der Erfolg der CDU/CSU hat auch 2013 vor allem einen Namen: Angela Merkel. So setzt die Union im Wahlkampf auch voll auf diesen Trumpf, nicht so sehr auf ein Programm. Bereits in Umfragen hat die Kanzlerin bei wichtigen Themen wie Eurokrise und Jobs weit vorn gelegen.
Steinbrück kontert im eher schleppend verlaufenen Wahlkampf mit der Parole „Mehr Wir, weniger Ich“. Dabei muss er ein linkes SPD-Programm vertreten, das nicht zu seinen früheren Positionen passt. Die FDP hatte 2009 viel versprochen, was sie dann in der Koalition mit der Union nicht halten konnte, und verabschiedet sich ganz aus dem Parlament. Auch Grüne und Linke gehören zu den Verlierern.

Wahlergebnis am 22. September 2013

(dpa)