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Bundestag Bundestag: Überhang- und Ausgleichsmandate blähen das Parlament auf

15.09.2017, 11:21
Bundestagspräsident Norbert Lammert am letzten offiziellen Sitzungstag des Bundestages vor der Bundestagswahl 2017. 
Bundestagspräsident Norbert Lammert am letzten offiziellen Sitzungstag des Bundestages vor der Bundestagswahl 2017.  dpa

Der neue Bundestag könnte sich auf mehr als 700 Abgeordnete aufblähen. Hintergrund ist das komplizierte deutsche Wahlrecht mit Überhang- und Ausgleichsmandaten.

Der scheidende Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hatte angesichts von „unabsehbaren Größenordnungen“ eine Begrenzung auf 630 Abgeordnete gefordert, in der großen Koalition gab es aber keine Einigung.

Wie wird der Bundestag gewählt?

Rund 61,5 Millionen Deutsche sind am 24. September zur Bundestagswahl aufgerufen. Mit der Erststimme entscheiden sie, welcher Direktkandidat ihren Wahlkreis im Parlament vertreten soll.

Die Zweitstimme geben sie einer Partei. Die sogenannte personalisierte Verhältniswahl soll einerseits eine Bindung zwischen den Menschen im Wahlkreis und „ihrem“ Abgeordneten ermöglichen, andererseits den Wählerwillen möglichst genau abbilden.

Wie werden die Sitze auf die einzelnen Parteien verteilt?

Die Bundesrepublik ist in 299 annähernd gleich große Wahlkreise von jeweils rund 250.000 Einwohnern eingeteilt, die einen direkt gewählten Abgeordneten nach Berlin schicken.

Ausschlaggebend für die Zusammensetzung des Bundestages sind aber die Zweitstimmen, die festlegen, wie stark die Parteien im Parlament vertreten sind. Vor der Wahl stellen die Parteien dafür in allen 16 Bundesländern Listen mit Kandidaten auf.

Über diese Listen werden entsprechend der Zweitstimmenergebnisse in den Ländern die weiteren 299 Sitze des Bundestags gefüllt. Voraussetzung für den Einzug ins Parlament ist dabei, dass eine Partei bundesweit mindestens fünf Prozent der Stimmen oder mindestens drei Direktmandate erringt.

Warum sitzen dann mehr als 598 Abgeordnete im Bundestag?

Dass der Bundestag seine Sollgröße überschreitet, hängt mit den sogenannten Überhang- und Ausgleichsmandaten zusammen. Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate gewinnt, als ihr nach den Zweitstimmen zustehen.

Diese zusätzlichen Mandate gab es bereits bei der ersten Bundestagswahl 1949, seit der Wiedervereinigung stieg die Zahl vor dem Hintergrund der Veränderungen in der Parteienlandschaft aber deutlich an.

Davon profitierten die beiden Volksparteien CDU/CSU und SPD wegen ihrer Stärke bei den Erststimmen, während vor allem kleinere Parteien durch die Verzerrung des Zweitstimmenergebnisses einen Nachteil hatten. Das Bundesverfassungsgericht erklärte das geltende Wahlrecht deshalb für verfassungswidrig.

Als Lösung führte eine im Februar 2013 verabschiedete Reform einen Ausgleichsmechanismus ein: Dabei wird die Gesamtzahl der Sitze im Bundestag solange erhöht, bis das Größenverhältnis der Fraktionen dem Zweitstimmenergebnis entspricht. Die sogenannten Ausgleichsmandate werden dann über die Landeslisten den Parteien zugeteilt. (dpa)