Bundestag Bundestag: Staatsakt für Rainer Barzel

Berlin/dpa. - In Anwesenheit von Bundespräsident Horst Köhler und der Witwe Barzelswürdigten die Spitzen von Regierung, Parlament und Parteien den imAugust gestorbenen CDU-Politiker als herausragenden undleidenschaftlichen Parlamentarier, der sich um Deutschland verdientgemacht habe. Der frühere SPD-Kanzler Helmut Schmidt, der mit Barzelseit der ersten großen Koalition von Union und SPD eng befreundetwar, sagte: «Wir alle haben eine großen Mann verloren.»
Barzel war am 26. August 2006 im Alter von 82 Jahren verstorben.Drei Jahrzehnte, von 1957 bis 1987, gehörte der CDU-Politiker demBundestag an. Barzel war einige Jahre Fraktionsvorsitzender und zweiMal Bundesminister. Das höchste Amt seiner Laufbahn trat er 1983 alsBundestagspräsident an. Als Herausforderer von Bundeskanzler WillyBrandt (SPD) scheiterte er 1972 bei einem konstruktivenMisstrauensvotum im Bundestag nur knapp.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nannte Barzel und Schmidt einBeispiel dafür, wie politische Zusammenarbeit in einer großenKoalition möglich sei. Beide Politiker seien Vorbild dafür, «wie umPositionen würdig gerungen werden kann».
Bundestagspräsident Norbert Lammert würdigte Barzel als Politikermit Leib und Seele sowie engagierten Streiter für Demokratie. Barzelhabe unterschiedliche Positionen zusammenführen und andere überzeugenkönnen. Mit Blick auf das Scheitern 1972 sagte er: «Niemand vondenen, die nie Bundeskanzler wurden, war dem Amt so nah wie er.»Hätten die Abgeordneten seinerzeit gewusst, dass der DDR-Staatssicherheitsdienst mindestens eine Stimme gegen Barzel gekaufthatte, hätte es womöglich ein anderes Abstimmungsergebnis gegeben.
Altkanzler Schmidt, der auf einen Stock gestützt den Plenarsaalbetrat und seine Rede im Sitzen hielt, sagte: «Er war ein formidablerpolitischer Gegner, zugleich aber war er mir ein persönlicherFreund.» Barzel habe bei allem immer die Sache des Staates im Blickgehabt, betonte Schmidt und warnte indirekt vor einem Scheitern desheutigen Regierungsbündnisses aus Union und SPD.
Schon zu Zeiten der ersten großen Koalition 1966 bis 1969 seibeiden als jeweiligen Fraktionschefs bewusst gewesen, dass dasBündnis nicht scheitern dürfe. Sie hätten die «grauenhaften Folgen»des Versagens der Parteien Anfang der 1930er Jahre im BerlinerReichstag vor Augen gehabt. Die damaligen Volksparteien seien absolutunfähig gewesen, die steigende Massenarbeitslosigkeit zu bekämpfen.Sie hätten sich damals stattdessen um zweitrangige Dinge wie dieBeiträge zur Arbeitslosenversicherung gestritten.