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Bundestag billigt Erbschaftsteuerreform

27.11.2008, 13:21

Berlin/dpa. - Nach zweieinhalbjährigem Streit in der großen Koalition hat der Bundestag die Erbschaftsteuerreform verabschiedet. Trotz weiterhin beträchtlicher Bedenken bei CDU und CSU nahm die Reform damit am Donnerstag eine weitere wichtige Hürde.

Am 5. Dezember stimmt der Bundesrat über die Neuregelung ab. Bayern pochte zuletzt auf weitere Korrekturen und drohte damit, die Pläne im Bundesrat nicht mitzutragen und notfalls den Vermittlungsausschuss anzurufen.

Inzwischen mehren sich aber die Anzeichen, dass das CSU/FDP-regierte Bayern sich zwar enthalten, aber nicht von sich aus den Vermittlungsausschuss anrufen wird. Von München aus kommentierte Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) die Entscheidung im Bundestag mit den Worten: «Das ist ein großer Schritt auf dem Weg zu einer gerechten Erbschaftsteuer.» Es habe sich gelohnt, dass sich die CSU «quergelegt» habe. Sollten sich Bayern und andere Länder mit FDP- Beteiligung enthalten, würde die große Koalition in der Länderkammer immer noch über eine Mehrheit verfügen.

Im Bundestag votierten 386 von 557 Abgeordneten, die ihre Stimme abgegeben hatten, für das Gesetz der großen Koalition, 168 stimmten dagegen, 3 enthielten sich. In CDU und CSU stimmten insgesamt 28 Abgeordnete (23 CDU, 5 CSU) dagegen, 3 CDU-Abgeordnete enthielten sich. Bei der SPD stimmte Otto Schily dagegen.

Die Spitzen von Union und SPD hatten sich Anfang November auf Korrekturen an den Gesetzesplänen verständigt. Dies betraf vor allem Begünstigungen für Firmenerben sowie bei selbst genutztem Wohnraum. Firmenerben müssen keine Steuer zahlen, wenn sie den Betrieb zehn Jahre lang fortführen und keine Arbeitsplätze abbauen. Zudem können Witwer, Witwen und Kinder Wohneigentum steuerfrei erben, wenn sie dort zehn Jahre lang wohnen bleiben. Das betrifft auch eingetragene Lebenspartner.

Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) sagte bei der abschließenden Beratung des Gesetzes, die nächsten Verwandten seien bei der Vererbung bessergestellt und der Betriebsübergang verbessert worden. Das den Ländern zustehende Erbschaftsteueraufkommen liege auch künftig über der von der Koalition angepeilten Marke von vier Milliarden Euro jährlich. Bisher sei kein einziger Pleitefall wegen zu starker Belastung durch die Erbschaftsteuer bekannt, und dies werde auch künftige nicht der Fall sein. In diesem Jahr können die Länder mit 4,78 Milliarden Euro aus der Erbschaftsteuer rechnen.

Steinbrück prophezeite, bei Überprüfung in zwei Jahren werde kaum etwas an der Reform verbessert werden müssen. Dagegen sagten Redner der Opposition wie Christine Scheel (Grüne), die jetzige Regelung laufe wieder Gefahr, verfassungswidrig zu sein. Die Reform war nötig geworden, weil das Bundesverfassungsgericht Immobilien- und Betriebsvermögen gegenüber Kapitalvermögen als zu niedrig bewertet ansah und eine Änderung bis zum 31. Dezember dieses Jahres verlangte. Sollten die Gesetzespläne bis Jahresende nicht stehen, entfällt die Steuer nach mehrheitlicher Expertenmeinung 2009. Kritiker gehen davon aus, dass auch gegen das neue Erbschaft- und Schenkungsteuer-Recht geklagt wird.

Die CSU kritisiert auch nach dem Kompromiss die Steuersätze für Geschwister, Neffen, Nichten sowie Tanten und Onkel. Die nächsten Verwandten, Ehegatten und Kinder, sind nämlich Gewinner der Reform. Für sie werden die Steuer-Freibeträge deutlich auf 500 000 Euro beziehungsweise 400 000 Euro angehoben. Andere Verwandte wie Geschwister werden hingegen schlechter gestellt.

Angesichts der Höherbewertung von Betriebsvermögen werden Firmenerben begünstigt. Sie müssen nur 15 Prozent des Betriebsvermögens versteuern, wenn der übernommene Betrieb sieben Jahre lang weitergeführt und eine bestimmte Lohnsumme eingehalten wird. Die Steuer entfällt komplett, wenn der Betrieb zehn Jahre weitergeführt wird.