Bundesregierung Bundesregierung: Miese Luft im Kanzleramt

Berlin/dpa. - Und nach der Wahl müssenKanzler oder Kanzlerin ihr Büro wohl erstmal räumen. Knapp zehn Jahrenach dem Umzug der Bundesregierung in die Hauptstadt treten an denBauten im Spreebogen immer wieder Mängel auf. Demnächst ziehen dieBautrupps ins Kanzleramt ein, bei Paul-Löbe-, Marie-Elisabeth-Lüders-und Jakob-Kaiser-Haus - mit Abgeordnetenbüros, Sitzungssälen undBibliothek - stehen sie jetzt schon auf den Flachdächern.«Planungsmängel oder Ausführungsfehler» haben einen großen Teil derSanierungen notwendig gemacht, sagt Bernhard Stokar von Neuforn vonder Bundesbaugesellschaft. Regressforderungen habe man bereitsgestellt.
Das Kanzleramt hat es ganz besonders schwer getroffen. DieLüftungstechnik, unter anderem im Büro von Bundeskanzlerin AngelaMerkel (CDU), macht Probleme. Die Dachverglasung der Wintergärtenmuss ausgetauscht werden, das ökologisch-moderne, mit Pflanzenölbetriebene Blockheizkraftwerk liefert derzeit weder Strom noch Wärme.Frieren müssen Merkel und Kanzleramtschef Thomas de Maizière zwarnicht. Trotzdem «vielleicht eine ärgerliche Sache», sagte derstellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg. Nach der Wahl,wahrscheinlich Anfang 2010, sollen die Bauarbeiter im 36 Meter hohenHauptgebäude anrücken - auch Kabinettssaal und Kanzler-Büro werdengeräumt.
Was die Arbeiten am und im Kanzleramt kosten, ist noch nicht klar.Doch weil derzeit an so vielen Regierungsbauten im Spreebogen saniertwird, dürfte sich «ein zweistelliger Millionenbetrag» ansammeln, sagtder Vorsitzende des Bundestags-Haushaltsausschusses, Otto Fricke(FDP). Er hat einen umfassenden Schadensbericht von derBundesregierung angefordert. Spätestens bis zum 24. März soll geklärtsein, «welche Gebäude in Berlin und Bonn welche Schäden aufweisen,worauf diese zurückzuführen sind, wie hoch die Beseitigungskostensind und welche Gewährleistungsansprüche der Bund hat». Eine weiterebrisante Frage: «Trifft es zu, dass sich das Paul-Löbe-Haus absenkt?»
Selbst wenn die Mängel an den Regierungsbauten doch nicht sodramatisch sind, wie sie sich anhören, ist ihre Summe auffällig. AmPaul-Löbe-Haus sind Scheiben gesprungen, die Fassadenkonstruktion hatsich verzogen. Im Jakob-Kaiser-Haus regnet es immer noch rein. Vieledieser Schäden führt Stokar von Neuforn auf Planungsfehler zurück. Sosei die Wartung von 174 Rauchabzugsklappen auf Paul-Löbe- und Marie-Elisabeth-Lüders-Haus «praktisch nicht möglich». Die Klappen seienauf Glasscheiben angebracht, die man nicht betreten dürfe. «Eshandelt sich um einen Planungsfehler der Generalplanerin, der ihrgegenüber geltend gemacht wird», sagt Stokar von Neuforn.
Am teuersten wird wohl die Sanierung des 1999 errichtetenBundesbauministeriums. «Sowohl die Planung als auch die Durchführungdes Baus zeigen schwerwiegende Mängel», erklärtMinisteriumssprecherin Vera Moosmayer. Das Generalunternehmen sei den«vertraglichen Verpflichtungen zu einer mangelfreien Planung inkeiner Weise gerecht» geworden. Rund 45 Millionen Euro hat der Baugekostet, die Sanierung wird mit 36,5 Millionen Euro fast genausoteuer. Einen Teil werden Generalplaner und -unternehmer übernehmenmüssen, einiges aber auch der Bund.
Mehr als zehn Jahre nach dem Bau moderner Gebäuden sindNachjustierungen nicht ungewöhnlich, sagt dagegen Boris Engelhardtvom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie. Die stark genutztenRegierungsgebäude, die am Spreebogen fast eine eigene kleine Stadtbilden, müssten permanent gewartet werden. Je komplizierter dieArchitektur, desto öfter müsse man eben sanieren. Das hätten Planerund Architekten vor zehn Jahren noch nicht bedacht. «DerenBewusstsein für Instandhaltungskosten wächst erst jetzt», sagtEngelhardt. Die Alternative: «Ein Bunker als Kanzleramt. Aber dashätte ja auch niemand gewollt.»