Bundesrat Bundesrat: Kurzarbeitergeld wird erneut verlängert
Berlin/dapd. - Seit derWahl von Hannelore Kraft (SPD) zur Ministerpräsidentin einerrot-grünen Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen hat dieBundesregierung für ihre Projekte in der Länderkammer keine Mehrheitmehr - am Freitag fand die erste Sitzung des Bundesrats in derveränderten Zusammensetzung statt. Diese spiegelte sich teils auchin den Entscheidungen wider: In zahlreichen Stellungnahmen machtendie Länder Änderungsbedarf geltend.
Die Nachrichtenagentur dapd dokumentiert im Folgenden diewichtigsten Punkte der Bundesratssitzung:
KURZARBEITERGELD: Das Kurzarbeitergeld wird erneut verlängert.Der Bundesrat ließ am Freitag einen Gesetzentwurf derBundesregierung passieren, der vorsieht, das Kurzarbeitergeld erstEnde März 2012 und damit 15 Monate später als geplant auslaufen zulassen. Während der Kurzarbeit übernimmt die Bundesagentur fürArbeit (BA) die Lohnzahlungen an die Arbeitgeber zu rund zweiDritteln. Zudem sollen weitere Arbeitsmarktinstrumente insbesonderefür jüngere und ältere Arbeitnehmer verlängert werden. DieBundesregierung rechnet für die BA mit Mehrkosten von rund 690Millionen Euro in den Jahren 2011 bis 2014. Mit dem Gesetz wurdezugleich das Programm "Bürgerarbeit" für Langzeitarbeitslose auf denWeg gebracht.
HAUSHALT: Der Bundesrat fordert Nachbesserungen amHaushaltsentwurf der Bundesregierung. Unter anderem verlangen dieLänder in einer Stellungnahme mehr Unterstützung des Bundes bei denBildungsausgaben. Zwar sei es richtig, die Ausgaben im BereichBildung und Forschung wie im Haushaltsentwurf vorgesehen deutlich zuerhöhen. Allerdings könnten die Länder die auf sie entfallendenMehrausgaben zur Erreichung des Zehn-Prozent-Zieles bei Beachtungder verfassungsrechtlichen Schuldenbremse mit den vorhandenenMitteln nicht sicherstellen. Der Bundesrat äußerte daher dieErwartung, "dass der Bund die Länder neben den von ihm geplantenzusätzlichen Bildungsausgaben im Rahmen der verfassungsrechtlichenKompetenzordnung mit zusätzlichen Umsatzsteuermitteln unterstützt".Auch forderten die Länder die Bundesregierung auf, die geplantenKürzungen bei der Städtebauförderung zurückzunehmen.
STÄDTEBAUFÖRDERUNG: Zusätzlich zu der Stellungnahme desBundesrats zum Haushaltsentwurf bekräftigte die Länderkammer ineinem Entschließungsantrag ihre Forderung nach einer Rücknahme dergeplanten Kürzung der Städtebauförderung. Auf Antrag des LandesBerlin wird die Bundesregierung aufgefordert, die Förderungmindestens auf dem Niveau des Jahres 2010 zu erhalten. DerHaushaltentwurf für 2011 von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble(CDU) sieht vor, die Mittel für die Städtebauförderung vonursprünglich geplanten 610 Millionen Euro auf 305 Millionen Euro zuhalbieren.
ARZNEIMITTELPAKET: Der Bundesrat fordert von der BundesregierungÄnderungen am geplanten Arzneimittelpaket. In einer Stellungnahmeverlangten die Länder unter anderem Korrekturen im Detail bei dergeplanten Nutzenbewertung. Auch sprechen sich die Länder dafür aus,Arzneimittel für seltene Leiden aus dem Verfahren dieser Bewertungauszunehmen. Ferner lehnen die Länder eine Regelung ab, wonachPatienten auch nicht rabattierte Arzneimittel wählen können, wennsie den Mehrpreis selbst bezahlen. Dies würde die Wirksamkeit derRabattverträge gefährden, da die Krankenkassen den Herstellern keineAbnahmegarantie mehr gewähren könnten. Mit dem Gesetzentwurf möchtedie Bundesregierung Kosten senken und die Strukturen imArzneimittelmarkt ändern.
BANKENRICHTLINIE: Im Streit um strengere Eigenkapitalvorgaben füreuropäische Banken rief der Bundesrat den Vermittlungsausschuss an.Die Länderkammer wehrte sich damit insbesondere gegen denvorgesehenen Selbstbehalt für Banken, der im Bundestag im Vergleichzur ursprünglichen EU-Bankenrichtlinie noch einmal verschärft wurde.Nach den EU-Neuregelungen müssen ab nächstem Jahr fünf Prozent desNominalwertes der verbrieften Forderungen in den Büchern der Bankenzurückbehalten werden. Dies soll helfen, die Qualität der Produktezu verbessern und den Wertverfall von Kreditforderungen zuminimieren. Nach dem Willen des Bundestags soll der Selbstbehalt fürdie Jahre 2011 und 2012 auf fünf Prozent festgelegt werden undanschließend auf zehn Prozent ansteigen. Eine Mehrheit der Länderlehnt dies ab, da sie durch einen Alleingang DeutschlandsWettbewerbsnachteile befürchten.
EINLAGENSICHERUNG: Der Bundesrat stemmt sich gegen dieEU-Regelung zur Einlagensicherung für Kreditinstitute. DieLänderkammer forderte die Bundesregierung am Freitag auf, sich beiden Beratungen des Richtlinienvorschlags dafür einzusetzen, dass diebisherigen Ausnahmeregelungen für institutsbezogeneSicherungssysteme wie bisher bestehen bleiben. Die Länder sehen mitdem Richtlinienvorschlag das Subsidiaritätsprinzip verletzt; dieEinlagensicherung sei kein Bereich der ausschließlichenZuständigkeit der EU, heißt es in einer Stellungnahme, die dieLänder am Freitag fassten.
STEINKOHLEFÖRDERUNG: Der Bundesrat lehnt die von der EUvorgelegte Verordnung zur Steinkohleförderung ab. Die Länderkammerforderte die Bundesregierung daher auf, sich bei der EU-Kommissionund im Ministerrat für eine Regelung einzusetzen, die die Umsetzungder nationalen gesetzlichen und vertraglichen Regelungen zurBeendigung des subventionierten Steinkohlenbergbaus in Deutschlandbis 2018 ermöglicht. Nach dem Willen der EU sollen alleverlustträchtigen Steinkohlezechen in der EU bis zum 15. Oktober2014 geschlossen werden. Die Bundesregierung könnte den EU-Beschlussim EU-Rat zu Fall bringen.
FREIWILLIGENDIENSTE: Angesichts der geplanten Aussetzung derWehrpflicht und den Vorschlägen von BundesfamilienministerinKristina Schröder (CDU) für einen Jugendfreiwilligendienst fürchtendie Bundesländer um ihre eigenen Angebote, das Freiwillige SozialeJahr (FSJ) und das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ).Rheinland-Pfalz und Bayern haben daher eigene Vorschläge für einenFreiwilligendienst in den Bundesrat eingebracht, die jedochunterschiedliche Konzepte verfolgen. Rheinland-Pfalz schlägt vor,durch den konsequenten Ausbau der bestehendenJugendfreiwilligendienste einen einheitlichen "Freiwilligen sozialenDienst" zu schaffen, Bayern wiederum erhebt keine Einwände gegen dieParallelstruktur, fordert jedoch eine Gleichstellung der bestehendenJugendfreiwilligendienste der Länder mit dem geplantenFreiwilligendienst des Bundes. Die Entschließungsanträge wurden zurBeratung an die Ausschüsse verwiesen.