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Brandenburg Brandenburg: Von der Agentenbrücke zur Brücke der Einheit

Von Lisa Rogge 27.08.2009, 08:12
Sicherheitsbeamte in Zivil bei einem Agentenaustausch von acht Personen auf der Glienicker Brücke, die West-Berlin mit dem damaligen DDR-Bezirk Potsdam verbindet (Archivfoto vom 11.02.1986). An der Grenzübergangsstelle wurden in den Jahren 1962, 1985 und 1986 internationale Agenten gegeneinander ausgetauscht. (FOTO: DPA)
Sicherheitsbeamte in Zivil bei einem Agentenaustausch von acht Personen auf der Glienicker Brücke, die West-Berlin mit dem damaligen DDR-Bezirk Potsdam verbindet (Archivfoto vom 11.02.1986). An der Grenzübergangsstelle wurden in den Jahren 1962, 1985 und 1986 internationale Agenten gegeneinander ausgetauscht. (FOTO: DPA) dpa

POTSDAMM/DPA. - «DerBlick von der Glienicker Brücke wetteifert mit den schönsten Punktender Welt» soll schon Alexander von Humboldt gesagt haben.Eingeschlossen von der Havel mit dem Jungfernsee im Norden und derGlienicker Lake im Süden, ermöglicht sie einen wunderbaren Ausblick.

Die heute unberührte Natur war lange Zeit von Sperranlagengeprägt. Der Wald musste dem Todesstreifen weichen, Soldaten hattenvon den Wachtürmen den Überblick über Land und Wasser. Die weißeGrenzlinie auf der Brücke durften seit Mai 1952 nur noch Angehörigewestlicher Militärmissionen in Potsdam sowie sowjetische Militärspassieren. Mitte der 1960er Jahre wurden gerade einmal 40 Fahrzeugetäglich gezählt, die passieren durften.

An wenigen Tagen aber rückte die Glienicker Brücke in denMittelpunkt des Weltgeschehens. Spektakulären Inszenierungen gleichwurden an der Grenzübergangsstelle in den Jahren 1962, 1985 und 1986internationale Agenten gegeneinander ausgetauscht. «Auf der Westseitestanden unzählige Übertragungswagen der Medien, bei uns auf derOstseite hieß es nur "Es wird eine Maßnahme durchgeführt"», erzähltein ehemaliger Grenzer, der den Agentenaustausch von der DDR-Seiteüberwacht hat. «Durch die Übertragung in den West-Radios wussten wiraber trotzdem Bescheid, was an diesem Tag passieren wird. Ich lagdort unten, nur 50 Meter von den Grenzhäuschen entfernt», sagt er undzeigt auf eine heute dicht bewachsene Stelle.

An einem kalten Wintermorgen im Februar 1986 war es so weit:Begleitet von Polizeiwagen fuhren um 10.42 Uhr zwei KleinbusseRichtung Potsdam auf die Brücke. Fünf Agenten, die unter anderem inden USA für die ehemalige Tschechoslowakei spioniert hatten, gingenRichtung Osten. Im Gegenzug durften vier zum Teil wegenAgententätigkeit für den Bundesnachrichtendienst (BND) und den US-Geheimdienst CIA in der DDR zu langen Haftstrafen Verurteilte dieSeite wechseln.

Anders als bei diesem Medienspektakel blieb auf der GlienickerBrücke am Abend des 9. November 1989 alles ruhig. Schon 50 Minutennach der Pressekonferenz von Günter Schabowski zum Mauerfall«erkundigte sich ein Ehepaar über die Möglichkeit des Passierens»,wie es in einer Chronik des Grenzregimes heißt. Dies blieb den Leutenan diesem Abend allerdings noch verwehrt. Erst am folgenden Tagmachte die «Brücke der Einheit», wie das Bauwerk schon seit 1949heißt, ihrem Namen alle Ehre. «Die Potsdamer haben uns an diesem Tagauf der Brücke geradezu überrannt. Wir hatten kaum eine Chance, ausBerlin-Zehlendorf kommend die Grenze zu überqueren», berichten zweiehemalige Berliner.

Aber schon kurze Zeit später war die Gegend wieder wieausgestorben. «Das ehemalige Grenzgebiet war direkt nach derMaueröffnung ein Niemandsland», erzählt Peter Rohn, der dieGlienicker Brücke im November 1989 fotografierte. Seine Bilder sindnoch bis Ende Oktober im Schloss Babelsberg ausgestellt. «In der Luftwar noch lange nach dem 9. November die Angst, genau wie zur Zeit derMauer.» Nach den Jahren der Teilung wollte er aber das «neue Land»kennenlernen. «Die menschliche Neugierde war bei mir stärker als dieAngst», sagte der Potsdamer. An die Geschichte der Brücke sollkünftig auch nebenan in der Villa Schöningen erinnert werden, in derSpringer-Vorstandschef Mathias Döpfner zum 20. Jahrestag desMauerfalls ein Museum eröffnen will.

Heutzutage erinnert sonst kaum mehr etwas an die ehemalige Grenze.Nur bei genauem Hinsehen erkennt man, dass die Brücke in zweiverschiedenen Grüntönen gestrichen ist - Berlin benutzt wohl eineandere Farbe als Brandenburg. Touristen bemerken aber keinenUnterschied mehr zwischen der Hauptstadt und Potsdam. «Der ehemaligeKontrast zwischen Ost und West ist hier verschwunden. Die Gegend istgut zusammengewachsen und bietet uns jetzt ein herrlichesAusflugsgebiet», schwärmt ein Besucher aus Norddeutschland.

Reger Bootsbetrieb herrscht auf der Havel an der Glienicker Brücke in Potsdam (Archivfoto vom 08.06.2007). Die Glienicker Brücke ist heute ein idyllischer Ausflugsort. (FOTO: DPA)
Reger Bootsbetrieb herrscht auf der Havel an der Glienicker Brücke in Potsdam (Archivfoto vom 08.06.2007). Die Glienicker Brücke ist heute ein idyllischer Ausflugsort. (FOTO: DPA)
dpa-Zentalbild