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Brandenburg Brandenburg: Streit um Malerei auf Mauer-Denkmal

20.11.2012, 09:38
Der Berliner Künstler Kiddy Citny steht vor seinem beschädigten Mauer-Kunstwerk am Griebnitzsee in Potsdam. Kiddy Citny hatte sein Werk ungefragt auf das Mauerstück gemalt, das seit 2009 ein Denkmal ist. (FOTO: DPA)
Der Berliner Künstler Kiddy Citny steht vor seinem beschädigten Mauer-Kunstwerk am Griebnitzsee in Potsdam. Kiddy Citny hatte sein Werk ungefragt auf das Mauerstück gemalt, das seit 2009 ein Denkmal ist. (FOTO: DPA) dpa-Zentralbild

Potsdam/dpa. - Seine Bilder finden sich in vielen Teilen der Welt - als Foto, auf Postkarten oder als Betonstück der Berliner Mauer. Für die Werke von „Mauermalern“ haben internationale Sammler teils stolze Summen gezahlt. Der Stadt Potsdam hat der Berliner Künstler Kiddy Citny - 23 Jahre nach dem Fall der Mauer - eines seiner Bild geschenkt. Doch die Freude hält sich in Grenzen. Mehr noch: Wenige Monate nach Protesten um den Standort für eine Kunsthalle von Software-Milliardär Hasso Plattner gibt es erneut eine erbitterte Diskussion um die Kunst. Und während diese noch tobt, hat ein Unbekannter Tatsachen geschaffen und die „Herzköpfe“, die Citny als Symbol für Freiheit verstanden wissen will, übermalt.

Das Problem: Der 55-Jährige hat sein Werk ungefragt auf ein Mauerstück am Griebnitzsee gemalt. Dieses ist jedoch seit 2009 ein Denkmal und ein Ort des Gedenkens an Maueropfer. Damit steht es - mehr als anderes fremdes Eigentum - unter besonderem Schutz. Deswegen ist die Haltung der Denkmalbehörde in Potsdam auch klar: „Denkmale darf man nicht einfach übermalen. Deswegen plädiert die Behörde für eine Beseitigung“, sagt Stadtsprecher Jan Brunzlow.

Hinzu kommen verletzte Gefühle: „Es kann nicht sein, dass man ohne Genehmigung das Mauerstück einfach bemalt“, sagt Claus-Peter Ladner vom Förderverein Gedenkstätte Lindenstraße 54. Das bunte Bild passe nicht zu dem Ort, an dem ein schlichtes Holzkreuz an 17 Maueropfer erinnere. Der DDR-Bürgerrechtler und Künstler Bob Bahra, Mitinitiator der Mauergedenkstätte, spricht von bunter Selbstdarstellung und erwartet mehr „Respekt und Sensibilität“ von einem Künstler.

„Ich wollte niemanden verletzten“, betont Citny. „Es geht um die Freiheit.“ So wie Mitte der 1980er Jahre in West-Berlin habe er seine „Herzköpfe“ auf das Potsdamer Mauerstück gemalt - absichtlich der nach Berlin westlichen Seite zugewandt. „Ich habe nicht richtig darüber nachgedacht, dass ich nun ein Denkmal bemale“, sagt der gebürtige Stuttgarter.

Das hätte er besser tun sollen, meint zwar auch der frühere DDR-Bürgerrechtler Manfred Kruczek, der neben Bahra zu den Initiatoren der Mauer-Gedenkstätte gehört. Als Vorsitzender des „Forums zur kritischen Auseinandersetzung mit der DDR-Geschichte“ hat er sich inzwischen aber für den Erhalt der „Herzköpfe“ ausgesprochen. „Das Kunstwerk ist sehr authentisch“, argumentiert der frühere Bürgerrechtler und langjährige Stadtverordnete. Dem widerspricht Ladner: In Berlin sei die Mauer zwar auf westlicher Seite oft bunt gewesen - in dem Potsdamer Bereich nicht.

„Wir haben die Herzköpfe zwar nicht bestellt. Aber das Bild sollte bleiben“, meint wiederum Christiane Raffauf vom Verein „Griebnitzsee für alle“. Die Befürworter des Mauerbildes sind empört über die Entwicklung, die der Streit genommen hat: Erst wird mit dem Künstler vereinbart, dass er ausgerechnet am geschichtsträchtigen 9. November seine „Herzköpfe“ übertünchen soll. Diese Aktion kann gerade noch verhindert werden - da schreitet ein Unbekannter vor der Gedenkfeier am 9. November und zieht mit weißer Farbe quer einen breiten Pinselstrich über das geschenkte Werk. „Gedenken an Maueropfer - nicht für Mauermaler“ klebt als Kommentar darauf.

„Das ist unwürdig“, sagt Stadtsprecher Brunzlow. Die Stadtspitze ringt seit Wochen um eine Lösung. „Da prallen völlig verschiedene Standpunkte aufeinander: Hier das Denkmal, dort die Kunst“, berichtet der Sprecher. Möglicherweise werde der Beirat für Kunst im offenen Raum in die Entscheidung einbezogen. „Herr des Verfahrens ist aber die Denkmalpflege“, betont er.

Ein Punkt, der Kruczek umtreibt: „In deren Händen ist der Fall am schlechtesten aufgehoben. Sie hat das Denkmal jahrelang geleugnet.“ Der Forums-Vorsitzende will sich weiter für den Erhalt des Werkes einsetzen, der Förderverein ist dagegen. „Es muss etwas geschehen“, betont Ladner. Wann und was, ist zunächst aber nicht absehbar.