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Brandenburg Brandenburg: Freier Himmel über der Heide

Von Imke Hendrich 09.07.2009, 11:46
Mit einem großen Aufkleber «Die Heide ist frei - 09.07.2009» haben Mitglieder der Bürgerinitiative Freie Heide ein Schild an der Kyritz-Ruppiner-Heide überklebt. (FOTO: DPA)
Mit einem großen Aufkleber «Die Heide ist frei - 09.07.2009» haben Mitglieder der Bürgerinitiative Freie Heide ein Schild an der Kyritz-Ruppiner-Heide überklebt. (FOTO: DPA) dpa-Zentralbild

Wittstock/dpa. - Jetzt haben die Gegner des Luft-Boden-Schießplatzes inNordbrandenburg - bundesweit bekannt als «Bombodrom» - endlich ihrengroßen Sieg errungen. Das Bundesverteidigungsministerium erklärte amDonnerstag den Verzicht auf das massiv bekämpfte Vorhaben.

Der Sprecher der Bürgerinitiative «Freie Heide», Benedikt Schirge,strahlt förmlich durch das Telefon. «Es ist der Tag, auf den wirlange hin gelebt und gearbeitet haben», sagt er erleichtert und fügthinzu: Nach 17 Jahren ist es mit demokratischen Mitteln gelungen, diezivile Nutzung der Kyritz-Ruppiner-Heid durchzusetzen. Mit der Absagevon Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) ist nun auch der Wegfür Investitionen frei, die bisher auf Eis gelegen haben.

Im August 1992 hatte sich die Initiative gegen einenBombenabwurfplatz auf dem rund 14 000 Hektar großen einstigensowjetischen Truppenübungsplatz gegründet. «Dass es so lange dauert,hätten wir nie gedacht», so der Theologe Schirge. 65 Leute hattendamals in Schweinrich begonnen und mit «zwei, drei Jahren gerechnet».Doch dann mauserte sich die Initiative «Freie Heide» bundesweit zueinem Symbol der deutschen Friedensbewegung, wie es ihr BerlinerAnwalt Rainer Geulen einmal formulierte. Mehrere Friedenspreiseheimste sie ein. «Aus der Bürgerinitiative ist eine richtigeBürgerbewegung geworden», beschreibt Schirge die Entwicklung.

Die Spuren des Widerstands sind bis heute 120 Kilometer nördlichBerlins unübersehbar. Wer über die Autobahn 24 Richtung Hamburg oderOstsee fährt, kommt nahe Herzsprung an einem großen Friedenszeichenvorbei. Überall weisen symbolische Ortsschilder aus, dass sich «dieseGemeinde gegen einen Bombenabwurfplatz wehrt». Bisher organisiertendie «Bombodrom»-Gegner 112 Protestwanderungen, bei denen regelmäßigTausende für eine «freie Kyritz-Ruppiner Heide» auf die Straßegingen, um Eines zu verhindern: Den Niedergang des Tourismus in dertouristisch attraktiven Gegend um die Mecklenburgische Seenplatte.

Denn das befürchteten sogar die Landesregierungen und Landtage derbeiden betroffenen Länder Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Soliefen dann auch immer wieder prominente Politiker mit der «FreienHeide» bei den Demos mit. Zuletzt etwa beim Ostermarsch 2009 derGrünen-Bundesvorsitzende Cem Özdemir. «Ein Nachgeben vonBundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) wäre keinGesichtsverlust, sondern eine Akzeptanz der Realitäten», hatte erdamals betont.

Denn die Realitäten lagen längst auf der Hand: Immer wiederunterlag die Bundeswehr vor Gericht, oft ging es um fehlendeLärmgutachten. Sogar der Bundesrechnungshof hielt das Projekt fürDeutschlands größten Luft-Boden-Schießplatz für unsinnig. Zu DDR-Zeiten hatten die Bürger jahrzehntelang den Lärm sowjetischerJagdflugzeuge und Panzer ertragen müssen, ohne sich dagegen wehren zukönnen. Nach 1990 und dem Abzug der russischen Truppen atmete dieRegion durch und investierte in den Tourismus.

Doch schon bald kreuzten die Bestrebungen der Bundeswehr dieoptimistischen Pläne. Auch wenn jährlich mehr als zehn MillionenGäste dort Boot fahren, angeln, baden oder radeln, dasDamoklesschwert hing immer über der Region. Banken sollen schon mitVerweis auf den bevorstehenden Fluglärm Kredite verwehrt haben. Nach17 Jahren Kampf gibt es nun das endgültige Aufatmen bei den«Bombodrom»-Gegnern. Aus der für diesen Sonntag um 14.00 Uhrgeplanten Protestveranstaltung wird nun ein großes Freudenfest.

Teilnehmer einer Protestkundgebung gehen bei Fretzdorf noerdlich von Berlin bei der 100. Protestwanderung gegen das Bombodrom mit einem Transparent durch einen Wald (Foto vom 16.04.06). (FOTO: DDP)
Teilnehmer einer Protestkundgebung gehen bei Fretzdorf noerdlich von Berlin bei der 100. Protestwanderung gegen das Bombodrom mit einem Transparent durch einen Wald (Foto vom 16.04.06). (FOTO: DDP)
ddp