Brandenburg Brandenburg: Die CDU ist auf dem Weg der Selbstzerstörung
Potsdam/dpa. - Das Zeitunglesen hat dem brandenburgischen CDU-Vorsitzenden Jörg Schönbohm gewiss schon einmal mehr Freude bereitet:«Hauen und Stechen in Potsdam», «Brandenburgs CDU in der Krise»,«Zwischen allen Fronten» oder auch «Zeichen des Verfalls» lautendieser Tage die Schlagzeilen. Schönbohm hatte BrandenburgsChristdemokraten einst aus ihrem Jammertal in die Regierung geholt.Derzeit muss er mitansehen, wie sich die Partei selbst zerlegt. Unddas so vehement, dass sich die SPD schon um die Regierungsfähigkeitihres Partners sorgt, mit dem sie seit 1999 zusammenarbeitet.
Äußerer Anlass ist die «E-Mail-Affäre». Der bisherige Betreuer desInternet-Angebots der Partei wirft CDU-Generalsekretär Sven Petke undLandesgeschäftsführer Rico Nelte vor, die elektronische Post von CDU-Vorständen und -Ministern überwacht zu haben. Inzwischen liegt dieAngelegenheit in den Händen der Staatsanwaltschaft, zudem bemüht sichder Vizeparteichef Ulrich Junghanns im Auftrag der CDU-Landesspitzeum Aufklärung. Eigentlich könnte also wieder Ruhe einkehren.
Doch die Affäre hat erbitterte Grabenkämpfe ausgelöst im CDU-Landesverband mit dessen 7000 Mitgliedern. Petke und Nelte stellen esals völlig normal hin, wie E-Mails an die Parteiführung in derGeschäftsstelle gelesen und weitergeleitet wurden. Einige Empfängerüben dagegen heftige Kritik. «Ich will keine Spionage unterstellen»,bemerkte Kulturministerin Johanna Wanka. Die Absender der Post gingenjedoch davon aus, dass diese nur vom Adressaten gelesen werde. Ihrsei das praktizierte Verfahren auch nicht bekannt gewesen.
Die Ministerin riet Generalsekretär Petke, sein Amt bis zurKlärung der Vorwürfe ruhen lassen. Doch dieser lehnte das umgehendab. Er habe das Vertrauen von CDU-Chef Schönbohm und desgeschäftsführenden Vorstands, argumentierte der ehrgeizige 38-Jährige. Ins Leere liefen damit auch die Aufforderungen vonJustizministerin Beate Blechinger und des Junge-Union-VorsitzendenSebastian Schütze, die sich auf Wankas Seite schlugen. Zu SchützesVerhalten sagte der uckermärkische Kreisvorsitzende und CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Koeppen: «Der ist ein Kameradenschwein.»
Die Tiefschläge in den Reihen der CDU nehmen wieder zu. Es gehtdabei auch um Schönbohms Erbe. Im kommenden Jahr will der 69-Jährigeden Parteivorsitz abgeben. In Person seines Stellvertreters Junghannshat Schönbohm zwar schon einen Wunschnachfolger genannt, doch es istnicht ausgeschlossen, dass mehrere Kandidaten ins Rennen gehen.Ambitionen werden sowohl Kultusministerin Wanka nachgesagt als auchdem jetzt in der Kritik stehenden CDU-Generalsekretär Petke.
Das Problem der CDU in Brandenburg ist traditionell nicht dergesunde Wettbewerb zwischen Personen, sondern der Umgangsstil imMachtkampf. Das zeigte sich unlängst, als die Cottbuser CDU für dieOberbürgermeisterwahl am 22. Oktober eine Listenvereinigung mit derLinkspartei einging und damit bundesweit Aufsehen erregte. Währendsich Gegner und Befürworter daraufhin gnadenlos beharkten, sahParteichef Schönbohm dem Treiben weitgehend machtlos zu. Anfangsschien er den Sonderweg von Cottbus zu tolerieren, dann verdammte erihn - ändern konnte der Ex-General die Marschrichtung nicht.
Plötzlich ist wieder die Rede vom «Tollhaus» und «Haifischbecken»,wenn es um die CDU Brandenburg geht. Und von der «Schlachteplatte» imZusammenhang mit den gegenseitigen Anfeindungen, wie sie vor 1999gang und gäbe waren. Als sechster CDU-Vorsitzender nach der Wendebrachte Schönbohm damals Ruhe in die Partei und erhöhte derenSchlagkraft zunächst entscheidend. Im Jahr seiner Amtsübernahme holtedie CDU bei der Landtagswahl 26,5 Prozent. Mittlerweile ist diePartei in Wahlen und Umfragen wieder bei etwa 20 Prozent angekommen.