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Big Brother Berlin Big Brother Berlin: Polizei-Präsident zieht positive Bilanz zur Gesichtserkennung

Von Julius Lukas 17.03.2018, 12:46
Im Dezember 2017 testete Thomas de Maizière (3. v. r.) das System.
Im Dezember 2017 testete Thomas de Maizière (3. v. r.) das System. dpa

Leipzig - Der Präsident der Bundespolizeidirektion Berlin, Thomas Striethörster, hat eine positive Zwischenbilanz des umstrittenen Tests zur Gesichtserkennung auf dem Bahnhof Berlin Südkreuz gezogen. „Die Technik ist sehr leistungsstark“, sagte Striethörster am Donnerstagabend auf dem Sicherheitstag des privaten Dienstleisters Securitas in Leipzig. Nach vorläufigen Ergebnissen wurden an jedem Testtag mindestens 70 Prozent der Gesichter erkannt und in der Regel richtig zugeordnet: „Die Fehlerquote liegt unter einem Prozent“, so Striethörster.

Der Feldversuch startete im August 2017. Auf dem Bahnhof Südkreuz wurden an drei verschiedenen Stellen die Gesichter von Passanten auf Video aufgezeichnet und gescannt. Eine Software verglich dieses Material dann mit den Gesichtern von 300 Freiwilligen, die sich zuvor für den Test gemeldet hatten. Dabei handelt es sich größtenteils um Pendler, die den Berliner Bahnhof oft nutzen. Die Test-Bereiche wurden durch Hinweisschilder gekennzeichnet.

Erkennung und Vergleich der Gesichter

Für Erkennung und Vergleich der Gesichter wurden parallel drei Anbieter aus Israel, Frankreich und Spanien eingesetzt. „Die mussten mit der Kameratechnik auskommen, die vor Ort verbaut ist“, erklärt Striethörster. Bei 5.600 Bahnhöfen in Deutschland sei eine Nachrüstung mit neuerer Videoüberwachung ohnehin kaum finanzierbar. In Berlin werde allerdings in HD-Qualität aufgezeichnet.

Bereits im Vorfeld des Tests wurde dieser kritisiert. „Sollten derartige Systeme einmal in Echtbetrieb gehen, wäre dies ein erheblicher Grundrechtseingriff“, sagte etwa die Bundesbeauftragte für Datenschutz, Andrea Voßhoff. Und auch der Richterbund warnt mittlerweile vor einer Ausweitung der Kamerakontrolle: „Der Einsatz von Videoüberwachung mit biometrischer Gesichtserkennung darf nicht dazu führen, dass Menschen anlasslos und flächendeckend von den Sicherheitsbehörden durchleuchtet werden“, sagte Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn der Berliner Zeitung Ende vergangenen Jahres.

Thomas de Maizière: Mehrwert für die Fahndung nach Terroristen und Schwerverbrechern

Damals hatte sich Thomas de Maizière (CDU), zu dieser Zeit noch Bundesinnenminister, positiv gegenüber der Technik geäußert: „Die Zwischenergebnisse versprechen einen erheblichen Mehrwert für die Fahndung nach Terroristen und Schwerverbrechern“, so de Maizière. Der Ex-Minister unterzog sich im Dezember auch einem öffentlichkeitswirksamen Selbsttest, indem er einen der Versuchs-Bereich im Bahnhof Südkreuz durchquerte und sich dabei scannen und sein Gesicht erkennen ließ.

Am Donnerstagabend in Leipzig zeigte sich auch Thomas Striethörster gelassen, als es um Datenschutzbedenken ging. „Wir sind auf diese Diskussion gut eingestellt“, meinte Berlins Bundespolizei-Präsident. Er verwies dabei auf schon praktizierte Gesichtserkennungen, etwa bei der Passkontrolle an Flughäfen oder bei Mobiltelefonen. Wichtig sei zudem gewesen, den Test nicht hinter verschlossenen Türen durchzuführen. „Ich denke, wir werden bei der Bevölkerung eine hohe Akzeptanz haben, wenn wir mit der Technik nach Gewaltverbrechern oder Sexualstraftätern suchen - und nicht nach jemanden, der seinen 30-Euro-Bußgeldbescheid nicht bezahlt hat.“

Test zur Gesichtserkennung um sechs weitere Monate verlängert

Mittlerweile wurde der eigentlich bis Ende Januar angesetzte Test um sechs weitere Monate verlängert. Im zweiten Versuchszeitraum soll untersucht werden, ob die Systeme auch mit einer schlechteren Bildqualität zuverlässig funktionieren. Außerdem werden verschiedene Szenarien getestet, bei denen die automatische Videoanalyse zum Beispiel hilflose Personen oder herrenlose Gepäckstücke erkennen soll.

Kurioserweise gelang der Polizei dank des neuen Systems bereits ein erster Ermittlungserfolg. Unter den 300 Freiwilligen, die sich für den Test gemeldet hatten, war auch eine Person, die per Haftbefehl gesucht wurde. „Da ging es um eine Geldstrafe, die er dann auch bezahlt hat“, sagt Striethörster. Für den Testlauf der Polizei in Berlin sei dieser Mann aber trotzdem nicht genommen worden. (mz)