Berlin Mitte Berlin Mitte: Wo sich Hitlers Bunker befand, ist heute nur ein Parkplatz

Berlin/dpa. - Wo stand Hitlers Bunker? Das ist eine derFragen, die Berliner Stadtführer in diesen Tagen sehr oft zu hörenbekommen. 60 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs ist dasInteresse an authentischen und «bösen» Orten der Nazi-Herrschaftnoch größer als sonst. Wo hat Hitler seine letzten Tage verbracht,bevor er am 30. April 1945 seinem Leben ein Ende setzte?
Es ist nicht ganz leicht, die Historie am Originalschauplatz zuerläutern. Hitlers Bunker gibt es nicht mehr, die letzten Reste derunterirdischen Anlage wurden zu Beginn der 90er Jahre gesprengt.Reiseleiter stehen mit ihren Gruppen heute nur noch vor einemParkplatz, der von Plattenbauten aus den 80er Jahren gesäumt wird.Sie müssen sich mit Büchern und Skizzen behelfen.
Dass Fragen nach den Führerbunker wieder so laut gestelltwerden, mag auch an Bernd Eichingers Film «Der Untergang» liegen.Detailgetreu ließ er den Bau als Kulisse nachzimmern. Im Film jagtedann Bruno Ganz als täuschend echter Hitler-Darsteller dem Publikumim Herbst und Winter 2004 einen Schauer über den Rücken.
Eichigers Film beruht zu großen Teilen auf den letzen Teil dermehr als 1000-seitigen Hitler-Biografie Joachim Fests.«Götterdämmerung» heißt dieses Kapitel und es beschreibt diebedrückende Stimmung im Führerbunker kurz vor dem Fall Berlins.Während die russische Armee jeden Tag näher rückte, schleppte sichder Diktator mit blutunterlaufenen Augen durch seine unterirdischenSchutzräume und tyrannisierte seine Umgebung. Von Zornesausbrüchenoder Weinkrämpfen geschüttelt, steigerte er sich manchmal inSiegesfantasien hinein und formierte Divisionen, die es gar nichtmehr gab. Wenn er die Aussichtslosigkeit seiner Befehle erkannte,warf er seinen Getreuen Verrat und Versagen vor.
Wenige Tage nach seinem 56. Geburtstag am 20. April 1945entschloss sich Hitler, die Aussichtslosigkeit seiner Lagebegreifend, zum Selbstmord. Einen «trivialen Abgang» nennt Fest dieBlitz-Heirat mit Eva Braun und die Verabredung zum gemeinsamen Tod.Während Eva Hitler am 30. April Gift geschluckt haben soll, schosssich der Diktator wahrscheinlich in den Kopf. Die Leichen wurdenanschließend im Garten der Reichskanzlei bis zur Unkenntlichkeitverbrannt. Das Gebiss und die Schädeldecke Hitlers will der KölnerKriminalbiologe Mark Benecke vor kurzem in einem Moskauer Archiventdeckt haben.
Eine Informationstafel über den Führerbunker gibt es in Berlinnicht. Der «böse Ort» liegt heute an einer heiklen Stelle. Inunmittelbarer Nähe ist in den vergangenen Jahren das Holocaust-Mahnmal mit seinem steinernen Stelenfeld entstanden. Vom 10. Mai anwird es für Besucher zugänglich sein. Was an Nazi-Bunkeranlagen imRegierungsviertel übrig blieb, wurde gesprengt, versiegelt oderzugeschüttet. Zu groß ist die Angst, dass Rechtsextreme sich nahedem neuen Gedenkort Kultstätten schaffen.
Doch die Bunker-Manie in Berlin lässt sich so nicht stoppen. Dain Berlin-Mitte nichts mehr vom Hitler-Bunker zu finden war, fahndeteein britisches Fernsehteam im nördlichen Stadtteil Buch hartnäckignach einem Gebäude, in dem die Russen angeblich die sterblichenÜberreste untersuchten.
Wer jenseits solcher Gruselgeschichten ein realistisches Bunker-Gefühl der letzten Kriegstage erspüren will, ist beim Verein«Berliner Unterwelten» besser aufgehoben. In der U-BahnstationGesundbrunnen lädt der Verein zu Führungen durch einenZivilschutzbunker des Zweiten Weltkriegs ein. Noch immer sind diePhosphor-Inschriften an den Wänden zu lesen und so manchen Besucherüberkommt ein Gefühl von drangvoller Enge und Angst. Der Vereinwill damit auch die vielen Mythen, die sich um den Führerbunkerranken, ein wenig entzaubern. Bunker-Realität, wird hier deutlich,war etwas Schreckliches.
Das wird die Neugierde der Touristen im BerlinerRegierungsviertel nicht schmälern. Mit dem Stadtplan «The ThirdReich» in der Hand begeben sich britische und amerikanische Gäste auf Spurensuche. Unter den Neugierigen sind nicht nur hochbetagte Kriegsveteranen. Besonders bei Jugendlichen aus dem Ausland sei das Interesse an den Orten der NS-Vergangenheit stark gewachsen, sagt Natascha Kompatzki, Sprecherin der Berliner Tourismus Marketing. Auf die der Frage: «Wo stand die Mauer» folgt nicht selten eine zweite: «Und wo stand der Führerbunker?»