Berlin Berlin: Emmanuel Macron besucht Kanzlerin Angela Merkel

Berlin/Paris - Die Terminankündigung ist denkbar knapp gehalten. „Am Nachmittag wird die Bundeskanzlerin den französischen Präsidentschaftskandidaten Macron im Kanzleramt empfangen. Der Termin ist nicht presseöffentlich“, heißt es auf Angela Merkels Webseite.
Keine Fotos also, kein Handschlag für die Kameras. Und doch ist das Treffen in der deutschen Regierungszentrale am Donnerstag von erheblicher Bedeutung: Der unabhängige Bewerber Emmanuel Macron ist nach gegenwärtigem Stand der Umfragen klarer Favorit, wenn die Franzosen Ende April und Anfang Mai in zwei Wahlgängen ein neues Staatsoberhaupt bestimmen. Der einstige Wirtschaftsminister tritt als Mitte-links-Reformer und überzeugter Europäer an. Derzeit ist Macron bemüht, sein internationales Profil zu schärfen. Dem Besuch in Berlin kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Im Januar war Macron schon einmal in der Stadt, einen Termin bei Merkel gab es damals aber noch nicht. Am Donnerstag werden neben der Kanzlerin auch führende SPD-Vertreter mit ihm zusammentreffen. Die schwarz-rote Koalition hat ein großes Interesse daran, die enge Zusammenarbeit mit Frankreich auch nach der dortigen Wahl nahtlos fortsetzen zu können.
Ausnahme: Marine Le Pen
Merkel ist aus eigenen Fehlern klug geworden: Vor fünf Jahren weigerte sie sich mit Rücksicht auf die französischen Konservativen, den sozialistischen Kandidaten François Hollande zu empfangen. Merkel untersagte ihren Mitarbeitern sogar jeden Kontakt zu dessen Team. Als Hollande dann die Wahl gewann, war das Verhältnis der beiden belastet. Jetzt musste sich die Kanzlerin aber nicht lange bitten lassen, einen Termin für Macron zu reservieren: Sie ließ rechtzeitig erkennen, dass sie bereit sei, jeden französischen Präsidentschaftsbewerber zu treffen – mit Ausnahme der Chefin des rechtsextremen Front National, Marine Le Pen.
Vor knapp zwei Monaten war bereits der konservative Kandidat François Fillon zu Gast im Kanzleramt. Merkels CDU bereitete dem französischen Parteifreund ehedem einen recht pompösen Empfang. Kurz danach wurde bekannt, dass der ehemalige Premier offenbar über Jahre hinweg auf Staatskosten seine Frau zum Schein als Mitarbeiterin beschäftigt hatte. Die Justiz ermittelt, die Wähler wenden sich angewidert ab. Nach gegenwärtigem Stand kann Fillon nicht damit rechnen, die zweite Runde der Präsidentschaftswahl zu erreichen.
Sozialdemokraten nehmen sich viel Zeit für Macron
Nun also Macron. Der ehemalige Investmentbanker will mit einer mutigen Reformpolitik gegen die Wachstumsschwäche und Massenarbeitslosigkeit in seinem Land vorgehen. Le Pens rechten Abschottungsfantasien setzt er ein klares Bekenntnis zur offenen Gesellschaft und zur Europäischen Union entgegen.
Noch mehr Zeit als die Kanzlerin werden sich die Sozialdemokraten für den Gast aus Frankreich nehmen. So wird Macron voraussichtlich den künftigen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier treffen. Geplant ist überdies ein bilaterales Gespräch mit Außenminister Sigmar Gabriel im Auswärtigen Amt. Daran schließt sich eine Podiumsdiskussion zwischen Macron, Gabriel und dem Philosophen Jürgen Habermas über die Zukunft Europas an.