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Letzter Auftritt als US-Präsident Barack Obamas richtet Warnung an Donald Trump bei Abschieds-PK

19.01.2017, 06:15
Barack Obama: sorgenvoller Abschied
Barack Obama: sorgenvoller Abschied AFP

Washington - Mit einer nachdrücklichen Unterstützung der zentralen Rolle von Medien für eine funktionierende Demokratie hat sich US-Präsident Barack Obama von den Journalisten verabschiedet. „Amerika braucht Sie, und die Demokratie braucht Sie“, sagte er am Mittwoch in Washington. Er hoffe sehr, dass die faktenbasierte und kritische Arbeit der Medien auch künftig fortgesetzt werden könne. „Sie hier im Gebäude zu haben, macht uns aufrichtiger und lässt uns härter arbeiten“, sagte Obama.

Obama (55) scheidet am Freitag aus dem Amt. Donald Trump (70) wird sein Nachfolger. Obama richtete eine Serie mehr oder minder deutlicher Warnungen an Trump. Er unterstrich, dass „systematische Diskriminierung“ gesellschaftlicher Gruppen oder die Einschränkung der Pressefreiheit die demokratischen Grundwerte beschädigen würden. Auch warnte er Trump vor „plötzlichen“ und „einseitigen“ Manövern in der Nahostpolitik.

Obama schließt ein Eingreifen nicht aus

Die zweieinhalbmonatige Zwischenphase seit der Wahl Trumps war durch eine ungewöhnlich hohe Zahl von Spannungen und Irritationen zwischen dem kommenden und dem gehenden Präsidenten gekennzeichnet. Obama machte nun erneut deutlich, dass er sich künftig zwar aus der Tagespolitik heraushalten wolle, sich aber zum Eingreifen veranlasst sehen werde, sollte er „grundlegende Werte“ der US-Demokratie in Gefahr sehen.

Als Beispiel nannte er die denkbare Ausweisung von Immigranten, die als Kinder illegal in die USA gelangten, im Land aufgewachsen sind und deshalb „praktisch US-Amerikaner“ seien. Bislang werden diese Menschen durch ein Dekret Obamas vor der Abschiebung geschützt. Trump kritisierte das Dekret während des Wahlkampfs, milderte seine Kritik allerdings später ab.

Obama sagte, er werde auch dann das Wort erheben, wenn es eine organisierte Behinderung von Bürgern bei der Ausübung ihres Wahlrechts geben sollte. Und er hielt ein nachdrückliches Plädoyer für die Pressefreiheit als Grundpfeiler der Demokratie. Bei „institutionellen Anstrengungen, Dissens oder die Presse zum Schweigen zu bringen“, werde er sich einschalten, kündigte er an.

Appell an die Presse

An die Adresse der anwesenden Journalisten gewandt, sagte der bisherige Präsident: „Sie sollen nicht Schmeichler sein, sondern Skeptiker sein und die harten Fragen stellen. Sie sollen nicht artig sein, sondern einen kritischen Blick auf Leute richten, die über enorme Macht verfügen.“

Seit Trumps Pressekonferenz in der vergangenen Woche, in der er aggressiv auf einzelne Medien losgegangen war, sind in der US-Medienlandschaft die Befürchtungen gewachsen, dass der neue Präsident die Berichterstattung systematisch behindern könnte. Die Sorgen wurden durch Überlegungen im Trump-Team verstärkt, die regelmäßigen Pressebriefings nicht mehr in dem angestammten Raum im Weißen Haus, sondern an einem anderen Ort abzuhalten.

60 Prozent sehen Barack Obamas Amtsführung positiv – niedrigste Werte für Trump

Obama warnte seinen Nachfolger auch vor riskanten Manövern im israelisch-palästinensischen Konflikt. Die Erfahrungen der Vergangenheit zeigten, dass ein „unilaterales“ Vorgehen, das die Kernanliegen einer der Konfliktparteien berühre, „explosiv sein kann“. Obama bezog sich damit offensichtlich auf Trumps Ankündigung, die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen. Wegen des umstrittenen Status von Jerusalem hat diese Ankündigung die Palästinenser bereits auf die Barrikaden getrieben.

Obama nimmt nach acht Jahren mit hohen Popularitätswerten Abschied - sie zählen zu den höchsten, die ein scheidender US-Präsident in den vergangenen Jahrzehnten hatte. Nach einer Umfrage des Senders CNN sehen 60 Prozent der Wähler seine Amtsführung positiv. Der Trump-Präsidentschaft blicken hingegen viele US-Bürger mit Sorge und Skepsis entgegen.

Laut einer Umfrage der Zeitung „Washington Post“ und des Senders ABC hat Trump die niedrigsten Zustimmungsraten eines antretenden Präsidenten seit mindestens 40 Jahren. Demnach stehen ihm nur 40 Prozent allgemein positiv gegenüber. Für den kommenden Samstag, den Tag nach der Vereidigung des neuen Präsidenten, werden in der US-Hauptstadt Hunderttausende von Anti-Trump-Demonstranten erwartet. 

Obama verteidigt Freilassung von Manning

An seinem drittletzten Amtstag verteidigte Obama die Begnadigung der Wikileaks-Informantin Chelsea Manning. Das ursprüngliche Strafmaß von 35 Jahren Haft sei im Vergleich zu anderen Urteilen gegen sogenannte Whistleblower nicht verhältnismäßig gewesen. „Ich bin guten Mutes, dass der Gerechtigkeit genüge getan ist und trotzdem ein Zeichen gesetzt wurde“, sagte Obama. 

Obama sprach hat sich gegen eine Aufhebung der Sanktionen gegen Russland aus. Er sehe dafür die Bedingungen etwa in der Ukraine nicht erfüllt. Eine konstruktive Zusammenarbeit mit Russland liege gleichwohl im Interesse der Vereinigten Staaten und der internationalen Gemeinschaft, sagte Obama.

Trump hat sich für ein besseres Verhältnis zu Russland ausgesprochen und eine Neubewertung der Sanktionen angedeutet. 

Obama mahnte, die USA müssten ihre Vorbildfunktion in Sachen Demokratie und Menschenrechte fortsetzen. Sie seien hier sicher nicht perfekt, aber meistens auf der richtigen Seite gewesen. (dpa, afp)